Heute ist Reisetag. Wir packen auf dem Campingplatz Sjöstugans Camping mitten in Småland unsere sieben Sachen – es sind zugegebener Maßen mehr als sieben und man kann nicht gerade sagen, dass wir mit leichtem Gepäck reisen. Trotzdem schaffen wir es, nach dem gemütlichen Frühstück ganz fix zu sein und gegen elf los zu reisen. Es geht Richtung Nordosten. Ein Zwischenziel in Richtung Kosta liegt auf der halben Strecke.
Der Autofriedhof Bilkyrkogården in Småland
Wir kommen auf einem kleinen Parkplatz mit einigen unauffälligen Schildern an. Ein Mann kommt uns entgegen und meint, es wäre alles viel zu nass, er wäre erfolglos gewesen. Aus der anderen Richtung kommen ein paar Leute, die wohl schon ein paar Schrottautos erspät haben.
Wir folgen einem breiten Waldweg mit Pfützen. Es ist der erste Tag, an dem die Sonne hervorkommt und es erst einmal nicht regnet. Nach 100 Metern sehen wir die ersten rotbraun verrosteten Wracks. Am Wegesrand reiht sich eines an das andere, Federn ragen aus den Sitzpolstern und Motoren liegen kreuz und quer im Wald. An den Automodellen ist zu sehen, dass manche bestimmt schon über 60 Jahre alt sind. Ob die hier wirklich schon so lange liegen? Auch ein kleines verfallenes Haus sieht aus, wie eine alte Autowerkstatt und gleich daneben steht ein Wrack eines Linienbusses, auch mindestens 30 Jahre alt. Die Rostlauben sind teilweise schon mit jungen Bäumen und Gesträuch überwuchert. Teilweise muss man über einen kleinen Wassergraben springen, um die anderen Autos zu sehen, die weiter in den Wald verstreut wurden.
Ein paar Sonnenstrahlen brechen durch die Äste und beleuchten die seltsamen Wesen im Wald. Plötzlich ruft unsere Große, die schon lesen kann: Schau mal hier stehen Eure Namen! Ich starre auf eine alte blaue Autotür und tatsächlich, mit einem weißen Edding oder etwas ähnlichem haben einst „Geesje und Jan 2012“ sich dort verewigt. Neben all den Autowracks so etwas im Wald zu finden, ist etwas unheimlich. Leider lädt keins der Autos dazu ein, sich hinter das Steuer zu setzen, das würden sonst lustige Fotos sein.
Wir müssen weiter, da wir heute Nachmittag noch eine Verabredung im Glasreich haben.
Die Fahrt ins Småländische Glasreich: Kosta
Wir fahren über kleine Straßen durch bunte Herbstwälder. Es würde mich nicht wundern, wenn hier plötzlich ein Elch auf der Straße stünde. Es soll hier die meisten Elche von ganz Schweden geben. Außerdem müssen wir ein paarmal anhalten, damit ich die schönen Herbstfarben auf Fotos bannen kann. Nach einer knappen Stunde sind wir im Zentrum des Glasreiches, in Kosta angekommen.
Die Kosta Lodge im Glasreich
Wir checken in der Kosta Lodge ein und beziehen eine Hütte am künstlich angelegten See. Rotes Holzhaus mit weißen Fenstern. Innen schön schlicht skandinavisch eingerichtet. Was wir immer gut finden, wenn wir in einem Ferienhaus die Möglichkeit zur Selbstverpflegung haben. Gleich mal einen Kaffee kochen.
In der Rezeption, wo wir die Schlüssel abholten, entdecken die Kids jede Menge ausgestopfter einheimischer Tiere: Wiesel, Schneehuhn, Fuchs, Falke – wir scheinen mitten in der Wildnis zu sein.
Zum Glasblasen ins Glasreich
Mit den Kindern spaziere ich Richtung Glasbruk. Das ist der zentrale Ort hier, wo Glas hergestellt wird bzw. verarbeitet wird. Hier haben wir eine Verabredung zum Glasblasen.
Auf dem Weg dorthin passieren wir typisch schwedische Holzhäuser mit buntbelaubten Bäumen im Vorgarten. Wir kosten sogar noch einen gepflückten Apfel. Die Sonne scheint.
Wir kommen auf einen Hof mit Backsteingebäuden und diversen Hinweisschildern. Hier zum Glasoutlet, hier zum Glasblasen und dort zum Cafe.
Wir orientieren uns schnell und kommen in eine große Halle, wo die Temperaturen schweißtreibend sind. Glühende Ofenöffnungen überall.
Wir bekommen von Lars einen exklusiven Grundkurs im Glasblasen. Als erstes lernen wir, der Quarzsand (aus Belgien) würde normalerweise erst bei über 2000 Grad schmelzen. Um den Schmelzpunkt zu senken, mischt man verschiedene Dinge hinzu. Soweit wir verstanden haben, Lehm und Kalk und noch einiges mehr. Die Öfen laufen daher bei bei etwas über 1100 Grad. Wenn man vor einem solchen Ofen steht, merkt man eine höllische Energie gegen die jedes Lagerfeuer und jeder Kamin wie eine Kerze am Fenster wirkt. In den Öfen befindet sich das flüssige Glas. Die Energie ist so groß, das man das zwar sehen, aber gar nicht so einfach fotografieren kann. Wenn dann die glühende Glaskugel am Ende der metallernen Blasestange (nennt man das so?) aus diesem Ofen kommt, strahlt sie noch so viel Hitze ab, dass man –also wir- automatisch respektvoll zurück weichen.
Trotzdem wagen wir es und erzeugen in einigen Arbeitsschritten, die man im Video vielleicht am besten sieht, eine Schale (Geertje), eine Kugel (Morten), und zwei Trinkgläser (Merle und Jan).
Wir freuen uns schon auf morgen, denn so lange dauert es, bis die Werke ganz langsam abgekühlt wurden.
Großes Abendessen in der Kosta Lodge
In der Kosta Lodge erwartet man uns zum Dinner. Wir sitzen an großen rustikalen Holztischen. Einige wenige andere Gäste speisen auch in dem Restaurant mit den ausgestopften Tieren an den Wänden.
Wir bekommen auf einem dicken Brett allerhand einheimische Spezialitäten serviert. Darunter sind Småländisches Schwein, von dem die Rippchen und Speck, welcher Spargel umhüllt. Außerdem gibt es Kartoffeln und rote Beete. Alles wurde übrigens gegrillt. Niels, der Küchenchef berichtet, dass alle Spezialitäten regional sind. Wir schlagen uns die Bäuche voll und können bald nicht mehr, weil wir schon so kugelig sind. Für eine kleine Verdauungspause wird Billiard und Dart nebenan gespielt. Und dann gibt es zur Krönung Apple Crumble Nachtisch in einer heißen Pfanne. Småland ist nämlich auch die Apfelgegend in Schweden.
Kurz vorm Schlafengehen benutzen wir noch die Sauna in der Kosta Lodge, eilen dann zu unserem Holzhäuschen.
Es war schon dunkel, da glaubte Geertje etwas grünes am Horizont zu sehen, und so stieg sie auf den Hügel bei der der Kosta Lodge und machte Fotos. und tatsächlich: Nordlichter. Weit weg zwar, aber immerhin. Die Nordlichtapp gab einen KP Index von 7 an.
Wer mehr wissen möchte, wie solche Fotos entstehen (das ist gar nicht sooo einfach), findet hier eine kleine Anleitung. Geertjes Blogbeitrag
„Nordlichter fotografieren in fünf Schritten„.
Vielen Dank an Visit Småland und die Kosta Lodge für die Unterstützung. Vielen Dank an Lars vom Kosta Glasbruk für den Kurs im Glasblasen.
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Ein toller Bericht von Euch,ich durfte auch als kleines Kind in Boda (ca.15 km entfernt von Kosta) einmal selbst Glas blasen und eine Schale bemalen.Diese bekam ich dann sogar geschenkt und ich habe sie heute noch 🙂 Dort gab es auch einen kleinen Campingplatz,den wir mit unserem Wohnwagen besucht haben.Heute ist jedoch die Glashütte dort geschlossen und es ist nix mehr los dort.Auf dem Autofriedhof waren wir leider noch nicht,aber das werde ich mir mal merken für den nächsten Urlaub.
Vielen Dank für das tolle Video. Wir sind mit unseren Zwergen jedes Jahr in Schweden und immer wieder begeistert. Ich hab mich in Eurem Video wieder gefunden und freue mich auf neue Abrnteuertipps. Macht weiter so. LG aus Hamburg
Wir geben unser bestes, liebe Familie Günther 🙂
Herzliche Grüße nach Norddeutschland
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