Unterwegs auf Ski in der Hardangervidda

Heute ist es endlich soweit: Ski  in der Hardangervidda anschnallen und los!
Ich bin schon vor um sieben wach und denke daran, dass ich gestern im Nordlichtwahn mein Kameraequipment nicht gut verpackt habe im Auto, hoffentlich stört das niemanden. Bei zwei Autos und zehn Leuten gibt es viel Kram, der da herumschwirrt.

Wandern auf Ski in der Hardangervidda, Tag 1

Gegen acht soll es Frühstück geben. Mit dem Küchenequipment in Knuts Hütte „utsikten“ ist es schwierig, aus 18 Eiern und Speck etwas zu zaubern. Jürgen erklärt sich bereit. Alle hauen ordentlich rein, wollen gestärkt sein für den ersten Tag auf Skiern. Dann wuseln alle ihre Taschen zurecht. Es folgen einige Kilometer Autofahrt auf dem RV 7 entlang der Hardangervidda. Dort findet Wilfried den Parkplatz vom letzten Jahr.

hardangervidda_002Pulkas packen

Viele andere Autos und ein Hundetrailer stehen einsam in der Gegend herum. Alle Pulken und Skier werden aufgereiht, jeder soll sich einen Schlitten aussuchen und mit eigenem Gepäck plus Gemeinschaftsgepäck beladen. In unserem Enthusiasmus packt Christian eine Pulka mit unseren beiden schweren Taschen und ich fange an eine Reste-Pulka zu packen, hier noch ein Zelt, da noch ein bisschen Essen und 10 Liter Benzin.

Es dauert eine ganze Weile bis ich mein Zuggeschirr und Skier angelegt habe. Die Ski sind Fjellski von Wilfried geliehen, der berühmte Wieland Adler hat damit Grönland durchkreuzt. Nach ca. einer Stunde Vorbereitung sind wir alle geh-fertig. Ich versuche mich auf die Skistöcke zu stützen und mich abzustoßen, um den ersten Schritt zu machen. Nichts rührt sich. Mmhh, habe ich doch einen Stein hinten eingepackt? Noch einmal: Ruck und dann Schritt, langsam bewegt sich etwas und der Schlitten kommt in Fahrt. Entweder bin ich schwächlich oder der Schlitten wirklich sehr schwer beladen. Später schätze ich im Vergleich zu anderen, dass wohl 60 Kilogramm drauf sein müssten.

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Es ist etwas windig, auch wolkig, insgesamt aber doch ganz gutes Wetter zum Starten. Der Schnee klebt sehr an den Skiern, man sagt auch er stollt, ich merke mir das so: Es fühlt sich so an, als wenn sich unter dem Fußbereich am Ski ein Weihnachtsstollen angeklebt hätte, den man ab und zu mal abschütteln muss. Sehr hinderlich beim Gehen. Ich komme echt nicht gut voran und mir treten die Schweißperlen auf die Stirn. Ich bin teilweise Bummelletzte. Hätte nicht gedacht, dass ich so unfit bin. Dabei gehe ich regelmäßig zum Kungfu Training, fahre Rad, schleppe Kinder und bin letztens in Dänemark gejoggt. Die Sicht wird immer schlechter und es schneit. Aus Angst vor Wind und kalten Temperaturen habe ich die dickste Wollunterhose angezogen und schwitze mich jetzt zu Tode. Der Schnee verwandelt sich in Schneeregen, das heißt auch, dass es über null Grad sein müssen. Ein Teil des Weges, den wir verfolgen, ist mit Ästen markiert, trotz Bummelei habe ich keine Angst, die anderen zu verlieren. Es schaut und wartet auch kaum jemand. Wahrscheinlich kann man sich in dieser weiten weißen Ebene auch nicht verlieren.

Gehrhythmus und Pausenverpflegung beim Wandern mit Ski in der Hardangervidda

Nach anderthalb Stunden machen wir die erste Pause mit Tee aus Thermoskannen und Müsliriegeln. In all den Geschichten über Arktisexpeditionen ist das immer wieder hervorgehoben worden: ein regelmäßiger Gehrhythmus von 1 Stunde gehen und 15 Minuten Pausen benötigt der Körper, um durchzuhalten. Allerdings müssen wir uns hier beim „entspannten Skiwanderen/ Arktistraining“ auch nichts beweisen.

Ich habe mir kleine Zip Tüten mitgenommen und pro Tag landen darin leckere Zutaten für die Pausen:

  • Müsliriegel
  • Energieriegel
  • Studentenfutter
  • Schokolade

Was ich erstaunlich finde: Wieviel davon ich wegputze!

Als ich während des nächsten Abschnitts denke, dass ich mal wieder eine Pause gebrauchen könnte, sind wir auch schon an einem Lagerplatz angekommen. Es ist so lustig, wenn jemand sagt: Hier ist es schön, hier bleiben wir. Und es genauso aussieht, wie in der Landschaft der letzten 10 Kilometer.

Zeltaufbau in der Hardangervidda

Laut GPS Messungen sollten wir uns direkt an einem See befinden, den man aber wegen der Schneedecke gar nicht als solchen erkennt. Alle bauen geschäftig viele Zelte auf. Für zwei Leute gibt es jeweils ein Schlafzelt und dann für alle noch ein Küchenzelt. Der Aufbau erfolgt unter strengem Blick des Zeltentwicklers von Wechsel. Jörg gibt aber auch wertvolle Hinweise zum Aufbau der neuen 3 Jahreszeitenmodelle von Wechsel. Dann bin ich sehr erpicht darauf, innen alles einzurichten und mich gleich in einen Schlafsack zu kuscheln. Ich fühle mich durch die Schwitzerei klamm und kalt und nicht besonders wohl. Eigentlich ist unser Tunnelzelt recht geräumig. Fast für drei Leute gemacht mit großer Apsis. Mit unserem ganzen Geraffel ist es aber auch schon schnell voll.

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Das Küchenzelt und das Abendbrot beim Wandern auf Ski in der Hardangervidda

Gerade beim Schreiben liege ich in zwei Daunenschlafsäcken auf zwei Isomatten. Eine Evazotematte und eine aufblasbare Matte. Vorher saßen wir im Küchenzelt, was eigentlich ein eigenen Blogppost wert wäre. Der Boden im Küchenzelt, also der Schnee ist ca um 50 ausgehoben, so dass wir auf der Schneeoberfläche mit Isomatten oder Sitzkissen Platz nehmen und die Beine herunterbaumeln können. Zwei Kocher laufen bei 10 Leuten auf Hochtouren. Teilweise fühlt es sich an wie in einer Dampfsauna. Wir sitzen auf den Isomatten eng im Kreis, das Küchenzelt ist nämlich wie ein Tipi konstruiert. Zum Abendbrot gibt es Trekkingnahrung. Heute besteht die Auswahl aus Kartoffeltopf oder Soja-Nudel-Pilz Pfanne. Zum Nachttisch wird Moussee aux Chocolate mit abgekühltem Wasser angerührt. Die Gröndlandfahrer Thomas und Wilfried sind darin Experten. Die Thermoskannen werden immer wieder mit Wasser und Tee gefüllt. Gut vorbereitete Männer haben Rum mit Honig dabei, das in den Tee, ist vorzüglich.

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Das ist ein Klo in der Hardangervidda

Schliesslich muss ich mal für kleine Schneeprinzessinnen und besuche das erste Mal das schön aus Schneesteinen gemauerte Klo. Ein gelbes Loch markiert die Kloschüssel. Ich pinkel im Stehen mit Urinella. Funktioniert. Draußen windet es, da ist es vorteilhaft, wenn man sich nicht so ganz frei machen muss. Es ist noch hell, nach 20 Uhr Anfang April. Ich bin sehr müde und Nordlichter wird es wohl heute nicht geben, es ist bedeckt.
Nur mit Wollunterwäsche bekleidet, kuschel ich mich in meine Doppelschlafsack Konstruktion und schlummere hinweg. Wie mein Zeltmitbewohner Christian die ganze Tour angeht, und wie er den Tag vor dem großen Schnee erlebte, kannst du hier lesen.

  • 2 Etappen á 5 Kilometer
  • 3 Stunden Laufzeit
  • Plusgrade

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Geertje

Geertje schreibt und fotografiert auf Reisen gerne, um diese intensiven Momente des Lebens festzuhalten. Sie möchte diese wunderbare Welt auch ihren Kindern zeigen und reist deshalb am liebsten als Familie in den Norden. Schön ist es, wenn Bilder und Texte auch andere Familien zum Reisen inspirieren.

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