Anfang Februar geht es für mich nach Kanada, genauer gesagt zum Fete d’hiver in Saint Jean Port Joli in der östlichen Provinz Quebec. Es ist mitten in der Woche in den Winterferien und für meine große Leidenschaft, das Schaffen von Schneeskulpturen lass ich meine kleine Familie für einige Wochen alleine.
Wie schon in den vergangenen Jahren kombiniere ich mehrere Winterfestivals und Symposien miteinander und Reise von Ort zu Ort. In diesem Jahr besteht das deutsche Team im Snowsculpting aus meiner Freundin Carole aus Winnipeg und Henry aus Main und meiner Person. Mit allen habe ich schon einmal zusammen gearbeitet. Und ich freue mich wahnsinnig, sie alle wieder zu sehen. Am Dienstagmorgen trete ich sehr früh meine Reise in Potsdam an. Das Taxi holt mich schon um 5:00 Uhr von zu Hause ab. Der Flieger nach Frankfurt geht um sieben. Und trotz mäßigem Wetter und ein paar Schneeflocken fliegen alle Flugzeuge pünktlich ab. Von Frankfurt benötigt der Flieger rüber nach Toronto 8 Stunden. Natürlich wird mir die Zeit im Flieger nicht lang und es gibt immer die neusten Kinofilme. Außerdem habe ich mir neue Noisecanceling Kopfhörer zugelegt. Mit denen höre ich ein schönes Hörspiel und gute Musik.
Gedanklich bin ich schon bei meinen Entwürfen bei den Schneeskulpturen für die drei Festivals. Ich lande pünktlich mit meinem Flieger in Montreal noch am selben Tag und muss dann das nächste Flugzeug nach Quebec nehmen, das hat leider 2 Stunden Verspätung. Ich halte mich ein bisschen am Flughafen auf, lese höre Musik. Außerdem versuche ich ein bisschen zu schlafen, denn zu Hause ist es schon spät in der Nacht.
Ankunft in Quebec – kanadischer Winter
In Quebec komme ich dann schließlich am Abend an, dann habe ich nach heimischer Zeit schon die Hälfte der Nacht durchgemacht. Dementsprechend müde bin ich. Aber ich bin auch sehr froh, dass mich Sylvi die verantwortliche für die Künstler vom Flughafen abholt. Durch ein kleines Schneetreiben fahren wir mit dem Auto eine knappe Stunde von Quebec City nach Saint Jean Port Joli . Dort sind alle Künstler in einem kleinen Motel am Stadtrand untergebracht. Ich bin froh, endlich ein Zimmer und ein Bettchen zu haben. Jedoch ist Henry auch schon eingetroffen. Er kam heute mit dem Auto aus Main angefahren. Wir freuen uns nach vier Jahren wieder mal zusammen zu sein und sogar gemeinsam an einer Skulptur zu arbeiten. Der über 60-jährige hat viel handwerkliche Erfahrung und hat ein ganzes Auto voller Werkzeug mitgebracht. Das ist super.
Wir gehen noch eine Kleinigkeit essen und ein Bierchen trinken und dann wird geschlafen. Und der morgige Tag, Mittwoch steht noch ganz zu unserer Verfügung. Erst am Abend findet die offizielle Eröffnung des Schneeskulpturenwettbewerbs statt. Am nächsten Morgen bin ich schon sehr früh wach,und ich bekomme natürlich schon Hunger, da es zu Hause schon Mittagszeit ist. Wir finden eine wunderschöne Boloungerie, in der wir ein riesiges Frühstück bestellen. Ich muss mich erst wieder daran gewöhnen, dass hier alles auf Französisch läuft. Meine kläglichen Versuche mit Duolingo etwas diese Sprache zu erlernen, sind schnell gescheitert.
Die Boulangerie führt einige Backwaren, man kann sich aber auch gemütlich hinsetzen und ein hausgemachtes Omelette mit Käse und Schinken verspeisen. Das machen wir. Traditionell gehört ein Kaffee dazu, bei dem man immer wieder ein refill bekommt. Das Ambiente ist sehr nett und eigentlich könnten wir noch stundenlang hier sitzen und über Gott und die Welt reden. Aber das Wetter ist auch so wunderbar draußen: die Sonne scheint, so dass wir eine kleine Tour in die Gegend unternehmen.
Saint Jean und die nähere Umgebung
Zunächst schauen wir uns unsere Blocks an, die gepressten Schneeblöcke unten am Ufer des Sankt Lorenz Strom. Kleine Straßen durch bunte Holzhäuser führen uns zu diesem Veranstaltungsort. Dort sind viele Traktoren und Personal am werkeln das auch am nächsten Tag alle Schneekuben fertig hergestellt sind. Kuben ist hier das falsche Wort, hier ist der gepresste Schnee in Zylinderform aufgestellt. Die vier größten Blocks gehören zum internationalen Wettbewerb. Unser ist 3,70 m hoch. Und hat einen Durchmesser von 3,70 m. Die Größe ist beachtlich. Die Oberfläche eisig. Gedanklich stelle ich mich darauf ein, dass wir wieder Muskelschmerzen und Gelenkschmerzen haben werden, nachdem wir den harten Schnee bearbeiten müssen.
Wir spazieren am Ufer das sind Lorenz Strom entlang große Eisschollen treiben drauf und am Ufer sind die Steine mit viel Schnee und Eis bedeckt. Am Pier begegnen wir zwei Männern mit denen wir uns ein wenig unterhalten. Ich wünschte ich könnte etwas Französisch. Aber zum Glück können die zwei einheimischen auch ein wenig Englisch. Wir erfahren dass Saint Jean Port Joli ein Ort für Holzbildhauer ist. Hier finden regelmäßig Symposiem statt.
Außerdem haben viele Künstler hier ihr Atelier. Wir entdecken einen großen Block. Es scheint eine Skulptur zu sein die am Pier den natürlichen Prozessen ausgesetzt ist. Der große weiße Block auf einem vermoderndem Holzbalken besteht aus Salz. Die zwei Männer aus dem Ort nennen uns auch den Künstlernamen und wir nehmen uns vor, das Künstleratelier aufzusuchen. Leider müssen wir feststellen, dass um diese Jahreszeit im tiefen Winter alle Ateliers geschlossen sind. Selbst das Maritim Museum hat nur sehr besondere Öffnungszeiten. Es ist wahrscheinlich doch ein Ort für einen Sommerurlaub. Trotzdem genießen wir es und suchen uns ein Café, wo wir lecker Dessert Kuchen oder ähnliches Süßes essen können. Überall werden wir freundlich empfangen und das Essen ist großartig.
Gegen Abend dann kehren wir wieder zurück ins Hotel. Gleich nebenan findet jetzt die Eröffnungszeremonie für den Schneeskulpturen Wettbewerb statt. Viele internationale Teams sind eingeladen. Darunter das holländische Team, ein französisches Team, ein deutsches Team und dann die Gewinner des letztjährigen nationalen Wettbewerbes im Snowcarving.
Uns werden die Regeln erläutert und alle wichtigen Dinge erfahren wir hier neben Smalltalk und einer Willkommens Rede der Veranstalter. Carole unsere Dritte im Bunde ist mittlerweile auch eingetroffen. Der Flieger kam aus Winnipeg über Toronto auch etwas verspätet in Quebec an. Jedoch freuen wir uns, dass wir jetzt alle beisammen sind und mit der Schneeskulptur Arbeit starten können. Nun erholen wir uns erst noch einmal in der Nacht vor dem Arbeitsbeginn.
Der runde Block wird zum Kunstwerk #snowart2019
Der runde Block bei Fete d’hiver in Saint Jean Port Joli ist mit 3,70 m Höhe und 3,70 m Durchmesser ein Riesenkoloss aus tiefgefrorenem gepressten Schnee. Carol möchte gerne unten am Boden arbeiten. Henry und ich krabbeln auf den großen Zylinder und Zeichnen ein Pentagon an.
Unsere „Twisty Lanes“ bestehen aus einem gedrehtem Pentagon was in der Höhe etwas kleiner wird. Das ist eine gewaltige Leistung für unser Gehirn. Ein Pentagon zu konstruieren habe ich ja mit Gaston schon geübt, deshalb gelingt es uns einigermaßen nachdem wir schon am Tag zuvor auf dem Parkplatz einen großen Kreis ausgelegt haben und dort das Pentagon mit großen langen Schnüren nachgestellt haben.
Wir beginnen das Pentagon oben auf dem Kubus zeichnen und fangen dann an, den gesamten Zylinder in Form zu bringen. Das schaffen wir an einem Tag trotz Kälte und etwas unwirtlichen Bedingungen hier unten am Ufer des Sankt Lorenz Strom. Hier weht immer ein frischer Wind. Die vier internationalen Teams dürfen heute schon anfangen zu arbeiten. Um uns herum sind noch viele Zylinder die unangetastet sind, denn erst in den folgenden Tagen werden dort Künstler auch ihre Schneeskulpturen erschaffen.
Wir werden gut versorgt in einem zentralen Gebäude am Platze das La Vici heißt. Dort bekommen wir Lunchpakete und auch immer etwas Süßes und natürlich heiße Schokolade und Kaffee.. Außerdem kommen Freiwillige des Festivals mit einem kleinen Karren herum gefahren und verteilen heiße Getränke. Für die Hauptmahlzeiten haben wir Gutscheine, die wir in den umliegenden Restaurants einlösen können, so lernen wir verschiedene Lokalitäten kennen und genießen das Essen in der Provinz Québec.
So gibt es hier Fisch verschiedene Fleischsorten, es gibt natürlich auch Putine, was ich nicht so gerne mag. Schlapprige Pommesgerichte sind hier im Osten Kanadas Tradition. Am Abend sind wir alle ganz schön geschafft. Ich bewundere den über 60-jährigen Henry, wie er das Gerüst von A nach B wuchtet, es ist super schwer und wir zwei Frauen Carole und ich können es kaum zu zweit bewegen. Mit einer langen Seilsäge trennen wir große Teile des Zylinders ab. Sie funktioniert so gut, dass ich mir die Konstruktion genauer anschaue. Das französische Team hat sie uns geliehen und am Ende der Veranstaltung tausche ich sogar einen meiner Supersander gegen die Seilsäge.
Nachdem wir am ersten Tag eine fünfeckige Säule herstellen, heißt es am zweiten Tag eine Pyramidenartige Konstruktion zu erzielen. Zur Konstruktion des kleineren 5Ecks benötigen wir eine Weile. Henry und ich sind noch am Abend damit beschäftigt, das kleine Fünfeck oben auszulegen. In Sturm und Kälte beschließen wir: das ist jetzt ein gutes Pentagon, klettern hinunter und genießen den restlichen Abend. Wie schon gesagt, am Folgetag haben wir dann etwas, was aussieht wie eine abgeschnittene fünfeckige Pyramide.
Dann muss sie nur noch verdreht werden. Für den Kopf das schwierigste, denn es entstehen im Raum verdrehte Dreiecke. Um uns herum entstehen mittlerweile weitere Kunstwerke: neben uns zwei Birnen mit einer Banane oben drauf. Dann ein sehr figürliches Kunstwerk und viele Schüler arbeiten an einem etwas kleineren Zylindern und es entstehen sehr viele fragile tolle Kunstwerke. Am Abend kommt ein Sturm auf, der Himmel verdunkelt sich und es fängt heftig an zu schneien.
Bevor der Schneesturm anfängt laufe ich noch mit meiner Kamera schnell zum Ufer des Sankt Lorenz Strom und fotografiere die dramatische Landschaft. Dann ist in Sekundenschnelle kaum mehr Sicht möglich. Der Schneesturm ist so heftig und dicht, dass wir kaum noch bis zum nächsten Block schauen können. Wir packen alle unsere Sachen fix zusammen und flüchten in das kleine kuschelige Gebäude, was uns versorgt.
Von hier müssen wir es noch in unser Hotel schaffen. Wir flüchten alle schnell in Henrys Auto und er versucht den Weg zu finden. Wir halten in alle Richtungen Ausschau, ob wir eine Schneebank sehen oder etwa die Straße. Es ist super schwierig auszumachen und manchmal kann man nur ein oder zwei Meter weit sehen. Wir tuckern so langsam voran und hoffen dass uns kein anderes Auto entgegenkommt. So muss es sein, wenn man im White out in der Landschaft unterwegs ist.
Wir schaffen es glücklich ins Motel und fallen müde in unsere Betten. Gerade an den ersten Tagen während der winterlichen Arbeit, ist der Körper platt von der Anstrengung und der Kälte. Der Geist glückseelig.
Am letzten Tag erkennt man die grobe Form, die Idee einer verdrehten Fünfeck Pyramide.
Dann geht es ans Schleifen und Sanden. Dazu benutzen wir feines Schleifbretter und sogar Sandpapier kommt zum Einsatz. Carole ist sehr versiert darin, Knicke in Linien und Kanten zu finden und sie zu eliminieren. Ich liebe es, mit solch erfahrenen Schneekünstlern zusammen zu arbeiten. Henry ist mutig und arbeitet auf angelehnten Leitern an den oberen Kanten der Skulptur.
Ich bin froh, dass wir bei herrlichstem Sonnenschein die letzten Handschläge am Kunstwerk arbeiten und ganz ohne Streß und Hektik fertig werden.
Am Abend findet dann auf der großen Bühne im La vici die Prämierung der Kunstwerke statt. Es gibt dabei verschiedene Level, das nationale Provinzlevel, die Highschool Studenten und natürlich die internationalen Künstler.
Ich muss dazu sagen, dass es diese Preise für mich keinen Reiz ausüben, da ich dankbar und erfüllt bin, wenn ich wieder etwas Neues in diesem vergänglichen Material ausprobieren darf. Dazu stelle ich dann meine eigenen Studien an. Wie wirkt es im Raum, mit den Besuchern und mit verschiedenem Licht.
Zum Abschluss gehen wir noch schick im Restaurant essen. Wobei ich das Essen für eine nächtliche Fotosession unterbrechen muss. Die Kunstwerke wirken dann immer nochmal sehr besonders und das muss festgehalten werden.
Stadtbesuch in Quebec City nach #snowart2019
Abreisetag ist am Montag, Carole und ich haben unseren Weiterflug nach Winnipeg für den Abend geplant. Deshalb bleibt uns noch der Tag, um uns in der Wintercity zu vergnügen. Henry schlug vor noch Inuit Kunstwerke in einer Galerie zu besichtigen, so sind wir alle neugierig und am Ende sehr inspiriert. Es ist herrlichster Sonnenschein, als wir auf den Terrassen von Quebec spazieren und über die vielen Eisschollen auf dem St. Lorenz Strom staunen.
Wir shoppen ein paar Mitbringsel und lassen es uns in einem kleinen gemütlichen Bistro gut gehen. Es ist ziemlich frisch an diesem klaren Wintertag, so dass man sich bei einem Stadtbummel immer mal wieder aufwärmen muss. Schließlich arbeiten wir ja nicht körperlich an einer Skulptur wie die Tage zuvor.
In jedem Winter findet in dieser typischen Winterstadt im Osten Kanadas der Carnaval de Quebec statt, ein großes Vergnügungsfest rund um den Winter mit einem Eisschloss, langen Rutschbahnen und allem was dazugehört. Vor einigen Jahren habe ich hier schon einmal eine Skulptur gestaltet.
Die Reise in Sachen Schneeskulpturen führt uns in diesem Jahr weiter nach Winnipeg und später nach Yellowknife.
Vielen Dank für die Unterstützung des Projektes #snowart2019der Reise an das Deutsche Generalkonsulat in Toronto und die Destination Canada.