Schneefestival in Kiruna – ein Insiderbericht

An dieser Stelle berichte ich nicht aus klassischer Besuchersicht von einer touristischen Attraktion im hohen Norden, sondern quasi von backstage. Wie es wirklich war eine 3x3x3 Meter Schneeskulptur zu bauen.

Der Norden Schwedens ist mir einigermaßen vertraut, so war ich in den letzen Jahren mindestens zwei Mal im Jahr dort oben. Im Sommer empfinde ich es ganz andere Welt als im Winter auf dem Snow-Planet. Nachdem ich 2012 für das Icehotel in Jukkasjärvi eine Suite gestalten durfte, verliebte ich mich kurzerhand in alles, was mit Eis und Schnee zu tun hat und begann meine künstlerische Forschung und meinen Weg in Sachen Kälte.

Schon davor betrachtete ich mit fotografisch scharfem Auge Schneelandschaften in Skandinavien und fuhr Ski, auch in den Alpen, aber immer am liebsten im Norden. Jetzt da ich schon einmal Eisblöcke mit Kettensägen durchtrennt hatte und Tonnen von Schnee mit Schubkarren durch die Gegend gefahren habe und schließlich in einer Kirche aus Eis und Schnee heiratete, gab es kein zurück mehr.

Seit dem gehe ich unaufhaltsam meinen Weg und nutze jede Gelegenheit, meine Arbeit mit diesem Thema zu verbinden. Auch die Forschungsgebiete um Klimawandel und Permafrost  sind damit verknüpft. So arbeite ich eng als Künstlerin mit Wissenschaftlern zusammen, aber am meisten bereitet es mir Freude, so eng wie möglich, von Angesicht zu Angesicht mit dem gefrorenen Material zu sein.

Auch in diesem Jahr 2016 findet in Kiruna das Schneefestival statt. Hier hatte ich schon zwei Mal vorher die Möglichkeit beim internationalen Schneeskulpturenwettbewerb dabei zu sein.
In diesem Jahr bin ich mit meinem langjährigen Freund Thomas Braun unterwegs. Schon in früherer Zeit haben wir uns über Kunst ausgetauscht und bei verschiedenen Projekten uns gegenseitig geholfen. Nicht zuletzt weiß ich, dass er handwerklich etwas rocken kann. Schließlich hat er fast sein ganzes Haus selbst umgebaut und saniert.

Kiruna2016

Vorbereitungen zum Schneeskulpturenbau

Am Vorabend unserer Abreise sitzen wir an unserem Esstisch und Potsdam, schneiden an meinem Pappmodell herum und besprechen eine mögliche Vorgehensweise und definieren einige Gestaltungsdetails neu. Als es schon dunkel ist und alle eigentlich müde, wird noch die Ausrüstung gecheckt. Der Zimmerboden ist bedeckt mit diversen Klamotten, verschiedenen Handschuhen und Werkzeugen. Wir versuchen alles in zwei großen Rucksäcken und im Handgepäck zu verstauen. Das Taxi kommt kurz nach sechs am Morgen…. Ein paar Stunden Schlaf können wir gebrauchen.
Der Flieger verlässt kurz nach Acht den Berliner Flughafen Tegel. Für mich ist der Weg nach Kiruna fast schon Routine, trotzdem versuche ich mir vorzustellen, wie es für Thomas sein muss, für unser Projekt in die Arktis zu reisen. In Stockholm haben wir wieder Zeit und arbeiten weiter, belagern einen riesigen Tisch in Sky City mit Papieren Modell und unseren Gedanken.

Mir ist klar, dass wir alle  drei ein halb Tage für unsere Arbeit benötigen. Jede Minute. Deshalb lege ich besonderen Wert drauf jeden Arbeitsschritt gut zu durchdenken und so etwas wie einen Ablaufplan parat zu haben.

Am Nachmittag geht der Flieger von Stockholm nach Kiruna. Einige der anderen Künstler treffen wir in dem Flugzeug, man kennt sich von vergangenen Events. Besonders freue ich mich Ermias aus Eritrea und Kate aus England zu treffen.  Am Zielflughafen werden wir von Jonas abgeholt, auch er ist aktiv an der Organisation des Schneefestivals beteiligt.
Wir haben noch etwas Zeit nach der Ankunft im Hotel Kebne & Kaisa bis zum Abendbrot. Natürlich wollen unsere Schneekuben sehen. 300 Meter vom Hotel entfernt stehen sie majestätisch, weiß , aufgereiht am Eingang zum Järnvägsparken. Ab morgen werden wir hier arbeiten.

Am Abend treffen sich alle noch voller Energie beim Abendbrot im Hotel. Schön, in so einer vitalen Gemeinschaft von internationalen Künstlern ein paar Tage zu arbeiten.

Tag 1 Schneefestival Kiruna

Ein wichtiges und aufregendes Ritual. Wir treffen uns auf der Baustelle und es werden die Kuben ausgelost.   Sieben Teams arbeiten hier: Frederike und Fabien (Deutschland/Frankreich), Lisa und Kate (England), Benny und Ermias (Schweden/Eritrea), Lena und Nina ( Schweden) Brooke und Mark (USA), Thomas und ich , wie die Schüler eines Gymnasiums in Kiruna.

Kiruna2016

Neun Uhr. Start. Wir machen das obligatorische Startfoto auf dem Block. Dann zeichnen wir uns unser „Scheibenraster“ an. Im Vorfeld habe ich einige Zeichnungen im Maßstab 1:20 angefertigt und ausgedruckt, so können wir auch immer noch Maße abnehmen. Zum Anzeichnen dient ein normaler Edding, wir haben weiterhin Zollstock und ein Maurerlot dabei. Als dann auch die Gopro installiert ist, geht es los. Die ersten Arbeitsschritte finden mit einem langen Stacheldraht statt. Von beiden Seiten des Kubus ziehen wir den Draht entlang unserer ersten Markierungen. Sehr architektonisch und erstaunlich korrekt. Aber nur nicht zu weit schneiden.

Der Himmel ist bedeckt, es ist nicht sonderlich kalt – irgendwas zwischen minus fünf und minus zehn Grad. Viel wärmer als im vergangenen und vor zwei Jahren.  Die letzte Januarwoche scheint traditionell wärmer zu sein als die dritte. Aber die ersten Arbeitsstunden, wenn man sich der Form erst einmal grob annähert, sind die Kräftezehrenden, denn viel Schnee muss abgetragen werden und schlussendlich auch beiseite geschafft werden. Wir schwitzen, tragen manchmal nur ein Wolloberteil, um uns dann in der Pause mit unseren Daunenjacken zu wärmen, damit wir nicht auskühlen.

Nach einem warmen Mittagessen sind wir irre müde und dann wird es auch schon spätestens um 15 Uhr richtig dunkel. Der Bauplatz ist mit Halogenscheinwerfern beleuchtet und verlieren das Gefühl für Zeit.

Der erste Tag vergeht super schnell. Wir fallen in die Betten und sind in null komma nix eingeschlafen.

Der Tag im Bewegtbild:

Über die Vorbereitungen berichtet auch der lokale Sender TV Potsdam und besuchte mich eine Woche vorher in meinem Atelier.

 

Geertje

Geertje schreibt und fotografiert auf Reisen gerne, um diese intensiven Momente des Lebens festzuhalten. Sie möchte diese wunderbare Welt auch ihren Kindern zeigen und reist deshalb am liebsten als Familie in den Norden. Schön ist es, wenn Bilder und Texte auch andere Familien zum Reisen inspirieren.

Ein Kommentar:

  1. Pingback:Kiruna Snowfestival Tag 2 - behind the scenes - Nordicfamily

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