Preikestolen mit Kindern – Pulpit Rock mit Kids

Den Preikestolen mit Kindern zu besteigen, war eines der echten Highlights in unseren Sommerferien.

Eine Wanderung aus zwei Perspektiven

Der Preikestolen (Predigerfels) oder Pulpit Rock (Kanzelstein oder Kanzelmassiv) ist eines von zwei Naturwundern die man in Norwegen nach Aussagen der Norweger gesehen haben sollte. Das andere sind die Lofoten, die wir schon vor etwa 10 Jahren besucht haben. Diese waren wirklich beeindruckend.

Preikestolen mit Kindern in Norwegen
Auf dem Weg zum ……

Der wir mal aus zwei Perspektiven schreiben, Geertje und Ich, ist dabei nicht dem eigentlichen Ziel, eben dem Preikestolen geschuldet, der ohne Zweifel sehenswert ist, sondern dem Weg dahin. Da haben wir zum einen Geertje, die eine Wanderung durch zugegebenermaßen flache Brandenburg gerne auch mal mit 40 km ansetzt und auch sonst einigermaßen fit und trainiert ist und da haben wir andererseits mich, dessen sportliche Aktivitäten sich auf den Weg beschränken den ich im Büro zum Drucker zurücklege. 

Mit diesen Voraussetzungen nimmt man den Weg hinauf und wieder hinunter sehr unterschiedlich war. Beginnen wir mit dem untrainierten übergewichtigen, aber durchaus motivierten Menschen, mit mir.

Ich hatte vorher von meiner Frau einige Blogbeschreibungen von Reisebloggerkolleginnen ( Levartworld und weltwunderermitkind) sowie die offizielle Webseite mit Tipps zugesandt bekommen und nach deren Lektüre entschieden: Alles halb so wild. So las ich unter anderem, die ersten 20-25 min des Weges wären recht anstrengend dann ging es. Und dass Wanderschuhe natürlich ideal wären, aber auch Menschen in Flipflops den Weg hoch schon geschafft hätten. Also gut dachte ich, die Ausrüstungsfanatiker übertrieben es eh gerne und ziehen sich für den Sonntagsspaziergang im Park an, als ob sie eine Himalayaexpedition unternehmen. Also werde ich das wohl schaffen.  Eine bisschen Restkondition habe ich und jede Menge Motivation meiner Familie zu zeigen, dass mich ein paar Meter den berghoch nicht aufhalten. Nun, es sollte eine Erfahrung werden.

Preikestolen mit Kindern

Geertje: Die Ausrüstungsfrage und die Tipps des norwegischen Turistföreningen nehme ich sehr ernst: darunter stand  geschrieben, 1 Liter Wasser pro Person, Wetterfeste Kleidung, knöchelhohe Schuhe, Sani Pack, Kopfbedeckung. Wenn man so etwas alles für eine vierköpfige Familie einpackt, reicht ein 30 Liter Rucksack wie empfohlen leider nicht aus. Unsere Kinder sind schon groß genug, dass sie auch ein kleines Päckchen auf dem Rücken tragen können. Zum Glück. Auch Jan kann ich überreden ein Daypack mit zu führen, nicht zuletzt sollte auch jeder Wasser dabei haben, wenn sich das Feld mal auseinander zieht. Außerdem habe ich Wanderstöcke dabei, die den Kids und auch mir auf dem Weg nach oben schon sehr nützlich waren. Sie sind superleicht. Ein paar ist klappbar und das andere sind Teleskopstöcke. Beide lassen sich gut verstauen.  Ich habe meine Bergschuhe an, die mich schon zum Kebnekaise brachten, Morten hat Trittfeste Viking Outdoorschuhe und Merle ebenfalls knöchelhohe Viking Wanderschuhe an.

Ankunft am Preikestolen mit Kindern

Fangen wir mit unserer Ankunft an. Zum Preikestolen Hytte Fjellstue von der aus es in der Regel losgehen sollte, sind wir gar nicht erste gekommen. 800m vorher hielten uns zwei Parkangestelle auf. Der Parkplatz an der Station sei bereits voll, wir sollen doch mit dem hier vorlieb nehmen. Mein Hinweis, dass wir ja dann über einen Kilometer zusätzlich wandern müssten, ließen sie nicht gelten, da diese Rechnung nicht aufginge sagten sie. Wir könnten nach 200m direkt auf den Wanderweg einbiegen und würden uns ein paar Höhenmeter sparen, da die Station weiter unten an einem See läge. Gut, die beiden hatten Ortskenntnis und was blieb einem auch anderes übrig. Parken kostete übrigens hier wie da 250 NOK. Ja, richtig gelesen. Umgerechnet fast 30 Euro. Ich hatte das vorher schon im Internet gelesen und regte mich darüber daher nicht weiter auf. Der Automat am Parkplatz bucht von der VISA Karte übrigens ohne PIN ab (Die ich eh nicht dabei hatte). Kein Thema.

Preikestolen mit Kindern

Das Wetter am Preikestolen mit Kindern

Auch wichtig. Es war ein kühler, diesiger Tag. Knapp 13 Grad herrschten am Startpunkt und es sollten nicht mehr werden. Das bringt uns zum Thema Wetter: In den meisten Berichten ist davon nur bedingt die Rede, wenn überhaupt. Ich würde behaupten bei mehr als 20 Grad plus hätte ich vielleicht nach einem Drittel des Weges aufgegeben.  Zu heiß. Übrigens würde ich auch keinem raten bei Regen den Auf- oder Abstieg zu wagen. Zu gefährlich. Jedenfalls sind 13 Grad grade zu Ideal. Trotzdem war der Weg eine massive Herrausforderung für mich.

Der Weg hoch auf den Preikestolen mit Kindern

Wer die Bilder vom Mount Everest gesehen hat, wie sich eine Karawane den Berg hochschiebt und sich gegenseitig behindert, hier ist es genauso. Es ist Mittwoch und die Ferien in Norwegen und in den meisten anderen europäischen Ländern haben noch gar nicht angefangen, aber schon jetzt fließt ein steter Strom von Menschen den Berg rauf und runter. Das Problem: viele Passagen sind eng und jeder hat ein anderes Tempo, was zu Staus, waghalsigen Überholmanövern und dazu führt, dass man sich auch mal gehetzt fühlt von einem der einem bis an die Hacken dicht aufläuft.

Geertje: Die Kinder und ich laufen behende von Stein zu stein, überholen geschmeidig, dort wo es notwendig ist oder gehen gelassen hinter langsamen Wanderern her. Wir haben es nicht eilig. Ich war der Meinung, dass wir Zeit haben. Wenn die empfohlene Zeit vier Stunden sind, die für Auf- und Abstieg veranschlagt werden, sind doch sechs Stunden auch ganz ok, oder? Hauptsache alle kommen einigermaßen glücklich an.

Preikestolen mit Kindern

Jan:Der weg führt nahezu stetig bergan meist sogar sehr steil und über Steine. Wegweißer mit einem rotem T sind zusätzlich mit der Information ausgestattet wie weit es noch ist. Es beginnt mit 3800 m und nach den ersten 800 m hat man schon mal ein gutes Bild bekommen wie es weitergeht. Ich war, wie übrigens min. 50% der anderen Wanderer mit Turnschuhen unterwegs/Sneakers. Würde ich nicht wieder machen. Diese 3,8 km sind geradezu Ideal sich den Fuß um zu knicken. Knöchelhöhe Wanderschuhe sind hier wirklich Gold wert.

Stufen im Fels als Wanderweg zum Preikestolen

Man sieht zwar, das versucht wurde den Weg zu präparieren und die Felsen und Steine etwa so anzuordnen, dass sie Weg und Stufen bilden, aber man muss schon große Schritte machen, eine sichere Balance haben und vor allem eines Kondition.

Geertje: Sherpas haben einst richtige Stufen aus dem Fels gehauen und weite Teile des Weges gangbar gestaltet. Die Stufenhöhe beträgt allerdings oft 30-40 Zentimeter, was auch schon für Erwachsene herausfordernd ist. Morten gelingt es allerdings immer kleinere Stufen und Steine am Rand zu finden, die ihm den Aufstieg bequem machen – ich bin schon das erste Mal ziemlich stolz, wenn ich ihn so beobachte. Mir helfenm wie gesagt die Wanderstöcke, um mich von einer hohen Stufe zur nächsten zu hieven.

Jan:Es gibt zwar zwei Abschnitte von etwa 200 m die man über Sümpfe auf Holzstegen eben langgeht, aber der Reste der Zeit legt man in Teilweise enormen Steigungen zurück. Nicht nur ich musste immer wieder längere Verschnaufpausen machen um überhaupt wieder zu Atem und Kräften zu kommen. Schweißgebadet und durchgeschwitzt durch t-Shirt und Komplett durch die Jacke war ich nach etwa 30min.

Geertje: Ich versuche meiner Familie einige Grundregeln des Wanderns nahe zu bringen. Nach etwa 20 Minuten di erste Pause. Wir justieren Schuhe und Klamotten. Das heißt, das wir schon mal eine Zwiebelschicht ablegen, wenn es zu warm ist, damit nicht alles vollgeschwitzt, nass und schwer und später kalt wird. Morten läuft in seinem Reima Cooling T-Shirt, ich in einem leichten Travelhemd, was auch Mückendicht ist – das stellt sich auf dem Rückweg noch als nützlich heraus.
Neu justiert und mit einem Schluck zu trinken gestärkt geht es weiter.

Ich muss mich daran erinnern, dass die Kids regelmäßig Energie zu sich nehmen, also ein paar Süßigkeiten anbieten, damit es nicht irgendwann zur Heißhungerattacke oder Schlechte Laune attacke aus Erschöpfung kommt.

Jan: Nach zwei Drittel der Strecke kamen wir auf ein Hochplateau mit einem See. Schöne war das schon, aber die Steine wichen hier riesigen Felsen, die es zu erklimmen galt. Da diese feucht waren, fühlte man sich im Tritt nicht so sicher. Aber es ging. Hier kam dann auch noch eine Stelle an der man richtig klettern musste. Wenn auch nur 3-4 m nach unten entlang einer Steinrinne, aber ich kann mir vorstellen, dass gerade für Senioren hier oft Schluss ist. Auf dem letzten Kilometer geht es dann auch mal abwärts, was aber auch eine eigene Herausforderung ist. Steile Wege, die man besser nicht verlassen sollte und überall Menschen, machten es für uns zu einer zusätzlichen Herausforderung. Die Kinder hatten fast den ganzen Weg keine großen Probleme. Doch nach 2,8 km ging dann bei Morten die Energie verloren und er bekam schlechte Laune.

Preikestolen mit Kindern

Geertje: Bei einer Pause gingen Morten noch einmal diese Bilder von der steilen Felswand durch den Kopf. Auch Merle hat im Vorfeld schon oft davon geredet, dass wir bitte nicht so dicht an den Felsrand gehen sollen. Sie möchten nicht, dass einer von uns dort hinunter fällt. Eine interessante Dynamik, die dann plötzlich zu einer Art Höhenangst wurde. In diesem Moment machte ich an der Stelle, wo ich mich gerade mit Morten befand, kurz vor dem Plateau eine Picknickpause. Ich war mit der inneren Einstellung und auch mit den Worten unterwegs, dass wir nicht weitergehen müssen, sondern hier in Ruhe eine Pause machen, Kraft schöpfen und dann zurückgehen.

Morten sprach davon, dass er vom Berg runter will. Man hatte auch tatsächlich keine Vorstellung wo man sich gerade höhenmäßig befindet, die Wolken ließen der Fantasie freien Raum. Die Stelle, wo wir picknickten, war übrigens eine der ungünstigsten und engsten, die auf dem Weg zum Preikestolen zu finden waren. Aber wenn es denn hier sein sollte, bitte. Nach ein paar Salamistückchen und Birnenschnitzen erholte Morten sich und ich fragte nochmal, ob wir nicht nur noch um die Ecke zum Plateau gehen wollten. Auch Merle, die mit Jan schon vorgegangen war, kam noch mal zurück und sagte, dass es dort viel breiter und sicherer wäre als hier auf dem schmalen Weg. Es ratterte noch ein bisschen in Mortens Kopf bis er sich doch entschloss, dort mit hin zu kommen.

Unfälle am Preikestolen

Jan: Dann endlich, nach mehr als zwei ein halb Stunden hatten wir es geschafft. Leider lag der Preikestolen in einer Wolke. Aber wir hatten es alle geschafft. Auch die Japanerinnen über 60, die Italiener die den ganzen weg über ununterbrochen gelabert hatten und die Russen, die weder seitens des Schuhwerk noch der Jacken her passend bekleidet waren. Alle standen auf dem Felsen und machten Fotos trotz dichtem Nebel. Irgendwie ist der Felsen beeindruckend, ich jedoch dachte am Anfang immer: gleich fällt einer runter, gleich passiert es, aber es passierte nicht. Wie wir später erfuhren hat die Presse sich hier darauf geeinigt, Unfälle und andere Abstürze nicht weiter zu thematisieren, um keine Nachahmer für den Freitod o.ä. zu provozieren.

Auf dem Preikestolen mit Kindern angekommen

Leider kann man nur die ersten 200m des 600m Abgrundes sehen. Wie dem auch sei. Wir picknicken auf dem Preikestolen mit Kindern und machen ein Familienfoto und beginnen dann mit dem meiner Meinung nach gefährlichsten Teil jeder Bergbesteigung: dem Abstieg.

Es ist, glaube ich, bei allen Bergsteigern bekannt, dass der Abstieg oft gefährlicher ist. Dafür gibt es mehrere Gründe, die auch hier gelten. Zum einen sind da die Kräfte, die man mit dem Ziel vor Augen gerne mal Falsch einteilt, nach oben eilt und dann die nur noch mit den letzten Reserven absteigt. Zum anderen kann man Stürze und Unsicherheiten in der Balance bergan besser abfangen, bergab wird es auf feuchten Steinen, die krumm und schief in der Gegend rumstehen auch eine Anforderung an den Gripp der Schuhe.

Der Abstieg vom Preikestolen mit Kindern

Schon auf dem Weg rauf beobachtete ich einige Rückkehrer die auf dem HinternSteiß landeten. Bei meinem Abstieg ging es mir ähnlich. Und es muss noch vielen so gegangen sein. An einem verstauchten/gebrochenen Handgelenk bin ich vorbei gegangen (Helfer waren bereits da), aber es muss noch mehr hinter mir (es war inzwischen 1700 Uhr) passiert sein, denn es kamen mir immer mehr Bergretter entgegen (min. 15!) und auch der Hubschrauber kreiste über uns. Ich kann nur vermuteten, dass jemand der nicht mehr weitergehen kann, in einem Korb (den die Bergretter dabei hatten) in den Heli gezogen und dann weggebracht wird. Das mehrere Retter jemand runtertragen halte ich genauso ausgeschlossen (weil diese sich auch verletzten würden), wie eine Landung des Helikopters. Dafür gibt es nirgends Platz.

Der Weg forderte alles von mir ab. Rauf muskulär, runter orthopädisch. Wer noch von Stein zu Stein springen kann, wie meine Gazelle äh..Tochter, mag das nicht merken, aber wer Schritt für Schritt seine Knochen staucht und das nicht gewohnt ist, der sollte sich ernsthaft überlegen, ob der den Aufstieg wagt. Trotz spektakulären Ausblicks (bei schönem Wetter).

Daher mein Tipps:

  1. Schaue alle 10 min. hinter dich und werde Dir gewahr, dass das nachher noch vor dir liegt.
  2. Lass Dich nicht von den topfitten das-ist-alles-kein-Problem-Leuten einlullen.
  3. Gehe nicht bei über 20 Grad ohne min. 2-3 Liter Wasser los.
  4. Gehe nicht,  wenn es regnet. Feuchte Steine sind schlecht, nasse dürften geradezu mies sein.
  5. Ziehe Schuhe an, die Dich vor dem Umknicken bewahren. Ich würde es nicht nochmal in Turnschuhen wagen.
  6. Genieße die Aussicht.

Fazit Preikestolen mit Kindern

Wir sind mächtig stolz, froh und auch geschafft, diese Herausforderung als Familie bewältigt zu haben.

Für Familien gilt allerdings das gleiche wie für jeden anderen Wanderer: Wir denken, dass es wichtig ist, sich der Gefahren auch bei so einem populären Wanderweg bewusst zu sein.

Ebenso sollte man vernünftig ausgerüstet sein und genügend Wasser und Snacks mit nach oben nehmen. Ebenso würde ich auch empfehlen, immer den Kopf einzuschalten, wenn es um den richtigen Moment zur Umkehr geht.

Wir haben uns und die Natur des Nordens wieder einmal ein Stück besser kennengelernt.

Den Preikestolen mit Kindern zu bewandern, können wir empfehlen.

Geertje

Geertje schreibt und fotografiert auf Reisen gerne, um diese intensiven Momente des Lebens festzuhalten. Sie möchte diese wunderbare Welt auch ihren Kindern zeigen und reist deshalb am liebsten als Familie in den Norden. Schön ist es, wenn Bilder und Texte auch andere Familien zum Reisen inspirieren.

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