Paddeln im Spreewald muss man einfach mal gemacht haben. Schon seit Jahren ist eine gemeinsame Paddeltour mit Kindern um Himmelfahrt Tradition. In diesem Jahr geht es zum Paddeln in den Spreewald. Die Wettervorhersage ist vielversprechend und auch die Planungen anderer Teilnehmer der großen Gruppe aus zwölf Kindern und zwölf Erwachsenen machen mich total neugierig auf das, was da kommen mag.
Obwohl der Spreewald am südöstlichen Zipfel Brandenburgs etwa anderthalb Stunden von Potsdam entfernt liegt, haben wir ihn bisher noch nicht so intensiv erforscht. Ein großer Teil des Gebietes, was mit kleinen und großen Wasserstraßen durchzogen ist, wird im Biosphärenreservat geschützt. Paddeln im Spreewald ist bei Naturfreunden sehr beliebt. Deshalb müssen wir das jetzt auch mal ausprobieren.
Im Spreewald ankommen
Schon am Mittwochabend treffen wir einige Freunde der Paddeltruppe auf einem Privatgrundstück in der Nähe des Kletterpark in Lübben. Dort dürfen wir zwei Nächte zelten.
Ich habe zu Hause alle erdenklichen Campingutensilien zusammengesucht und einen riesen Einkauf mit Lebensmitteln für dieses Wochenende getätigt. In diesen Frühlingstagen muss man auf jedes Wetter eingestellt sein. Das Leben auf dem Wasser macht hungrig und ein bisschen bequem möchte man es ja auch haben. So fällt unsere Ausrüstung nicht ganz minimalistisch aus.
Diesmal verbringt Jan die Feiertage zu Hause und ich habe mit den Kindern ein Boot reserviert. Ich bin ganz guter Dinge, dass sich das managen lässt. Wie sich rausstellt, hat Merle auch schon viel Paddelenergie, die unser Kanu voranbringt.
Gleich nach unserer Ankunft bauen wir zwei Zelte auf. Ja richtig gehört, unsere große möchte unbedingt in ihrem eigenen Zelt schlafen.
Hinter dem Zeltplatz fließt ein kleiner Bach, große Bäume spenden Schatten. Die Abendsonne taucht den Schilfgürtel in ein goldenes Licht.
Die Hängematte zwischen Apfelbaum und Gartenzaun darf nicht fehlen. Ach herrlich, welch eine Ruhe uns hier so plötzlich befällt.
Die kleineren Kinder zwischen 4 und 7 Jahren haben sich sofort verbündet und verschwinden im Wald. Sie sind mit Holzschwertern und Stirnlampen bewaffnet. Zwei der kleinen Ritter kennen sich hier bestens aus und führen den Trupp an. Die Eltern sitzen derweil gemütlich am Grill und gehen die Planungen der nächsten Tage durch.
Das Mückenaufkommen bei Dämmerung ist hier schon etwas höher als in unserem Potsdamer Garten. Zum Glück tragen wir mückendichte Shirts und Hosen. Die freiliegenden Körperstellen sprühe ich noch zusätzlich ein. Seit unserer sommerlichen Lapplandtour sind wir zum Thema Mücken gut präpariert.
Die Kids kommen nach Einbruch der Dunkelheit auch ans Lagerfeuer, verspeisen gierig ein paar Grillwürste und kuscheln sich müde bei uns Eltern ein.
Die Nacht in den Zelten ist kurz, denn zwischen Schnarchgeräuschen des Zeltnachbarn und dem morgendlichen Vogelkonzert bei Sonnenaufgang liegen nicht viele Stunden, wo es wirklich ruhig und dunkel ist. Ich schlafe mit unserem jüngsten in einer Art Tipi, ein super geräumiges Zelt. Ich schaue gegen fünf in die Spitze und verfolge das Lichtspiel der Morgensonne und Baumkronenschatten an unserer Decke. Dann schlummere ich nochmal ein bisschen weg.
Bald dringt Kindergeplapper und Campinggeschirrgeklapper an mein Ohr. Zeit aufzustehen und sich für den Paddeltag zu rüsten.
Campingfrühstück beim Paddeln und der Start in den Tag
Ich schmeiße den Campingkocher an und mache mir erst einmal einen Kochkaffee. Für das Outdoorabenteuer habe ich mir noch ein wenig samischen Kochkaffe aufgehoben und sorgsam im Lederbeutel aufbewahrt. Eigentlich wäre es stilecht, ihn über dem Lagerfeuer zu kochen.
Alle Jungtiere sind abgefüttert und die logistische Herausforderung beginnt. Es gilt 24 Personen an den Startort Alt Zauche zu bekommen und die Boote in Empfang zu nehmen, gleichzeitig müssen aber die Autos wieder hierher zum Teichhaus, weil wir Abends mit den Booten hier wieder anlanden.
Das klappt irgendwie und bedarf nur etwas Zeit. Heute am Himmelfahrtstag sind viele Leute unterwegs, leihen Boote aus, fahren in der Gegend Fahrrad oder wandern in kleinen Grüppchen.
Sobald wir in unseren acht Kanadiern sitzen und uns durch den Oberspreewald paddeln, begegnen uns auch die breiten hölzernen Spreewaldkähne. Sie werden von einem Mann durch die flachen und teilweise auch sehr engen Kanäle gestakt, während Touristengruppen, heute vornehmlich kleine Männergruppe, feucht fröhlich auf dem Wasser feiern.
Drei von unseren Booten haben eine auffällige Flagge, wir erkennen uns trotz größeren Entfernungen durch markante Hüte, orange Schwimmwesten oder die Kombination der Bootsbesatzung.
Es ist warm und die Sonne scheint. Wir gleiten gemütlich dahin und lassen uns oft Seite an Seite in einem größeren Bootskonvoi die schmalen Kanäle entlang treiben. Selbstgebackener Kuchen, kalte Biere und Salamibrote wechseln die Besitzer – ein Stundenlanges Picknick auf dem Wasser.
Hier im Spreewald gibt es viele Schleusen. Einige kann man als Sportbootfahrer, was wir ja sind, selber bedienen. Andere Schleusen werden durch einen Wärter oder eine Wärterin bedient. Diese machen dann noch einen flotten Schleusenspruch und werden für ihren Dienst mit einem kleinen Trinkgeld belohnt. Am spannendsten ist es jedoch, wenn die Kinder mithelfen dürfen, die großen Schleusentore zu öffnen und zu schließen. Die Mechanik und die Wassermassen beeindrucken sie schon nachhaltig.
An diesem Tag paddeln wir 17 Kilometer. Eine wirklich lange Strecke, aber es ist ja auch lange hell und wir haben keinen festen Termin. Hier im Spreewald darf man bis zu einer Stunde nach Sonnenuntergang paddeln. Wie beruhigend. Ein Headlight habe ich zur Sicherheit eingesteckt.
Aber wir kommen noch lange vor Sonnenuntergang wieder etwas nördlich von Lübben an: Die Nacken etwas sonnenverbrannt und die Kühltaschen und Picknickkörbe leer gefuttert. Zum Glück wartet hier noch ein großer Berg Grillfleisch auf uns.
Während die Erwachsenen noch viel Redestoff fürs Lagerfeuer haben, schlafen die kleinen Abenteurer hundemüde schon bald in ihren Zelten ein.
Aufbruch zu drei Tagen Wasserwandern
Am Freitagmorgen müssen wir alles so verpacken, dass wir Campingutensilien und Lebensmittel für drei Tage in den Booten verstauen können. Dazu gibt es in jedem Boot eine große runde Plastiktonne. Sie ist wasserdicht und für die wirklich wichtigsten Dinge gedacht. Hier findet meine DSLR Kamera Platz, Handy und Co und auch ein paar Klamotten. Schlafutensilien und Zelte habe ich in einem großen Duffelbag, was hinter meine Sitzbank im Kanu passt. Ich staune wie geräumig das Boot ist. Dann gibt es noch eine Plastikkiste mit Deckel, wo alle Kochutensilien verstaut sind und eine Kühltasche nebst einer anderen großen Einkaufstasche mit Lebensmitteln.
Für Morten gibt es mitten im Boot einen Sack mit weicher Füllung ( Regensachen und Co) und eine Picknickdecke. Hier kann man es sich auf dem Boden etwas gemütlich machenAb Tag zwei schlummert er hier auch einen gemütlichen Mittagsschlaf.
Merle sitzt vorne und paddelt kräftig mit, wohingegen ich hinten paddele und das Boot beschwere und vor allem für die Steuerung verantwortlich zeichne.
In den kleinen Wasserstraßen ist es manchmal gar nicht so einfach für mich, zu lenken, auf den Gegenverkehr zu achten und nicht in den Schilfgürtel zu geraten.
Wir begegnen anderen Wasserwanderen, Familien und Einzelkämpfern. Unser Weg führt uns ab heute in den Unterspreewald. Hier ist es nicht ganz so touristisch und in vielen Momenten können wir Stellen im Biosphärenreservat genießen. Die besondere Natur hier wird gut geschützt.
Das führt allerdings auch dazu, dass man die Ufer im Biosphärenreservat nicht betreten darf.
Mit so vielen Kindern in der Gruppe müssen wir genau planen und Ausschau nach Rastplätzen halten, wo sich alle die Füße vertreten können.
Ich empfinde es manchmal als Herausforderung, den Bewegungsdrang der Kids nicht gerecht werden zu können – jedenfalls nicht auf einer Paddeltour.
Wasserwanderrastplatz Groß Wasserburg
Am Abend des zweiten Paddeltages erreichen wir den Wasserwanderrastplatz Groß Wasserburg. Zum Glück haben wir rechtzeitig reserviert. Es ist proppenvoll auf diesem kleinen Platz. Es stehen auch viele Wohnmobile hier. Wir versuchen uns mitten auf den Platz mit unseren acht Zelten zu stellen, haben somit weder Schatten, noch etwas Privatsphäre. Eine Gasse als Fahrweg muss auch frei bleiben.
Ein schöner Unterstand mit Biertischen und Bänken bietet Raum, um das Abendessen auf den Campingkochern herzurichten. Die Kids entdecken neue Spiele. Zum Beispiel dobble, ein kleines Kartenspiel, was total gut für Groß und Klein funktioniert.
Ich bin irgendwie fix und fertig, vielleicht von der Sonne oder der ständigen Aufmerksamkeit oder einfach nur vom Paddeln oder einer Mischung von allem.
Zelt aufbauen, Abendbrot kochen – alles in der richtigen Reihenfolge. Zum Glück habe ich noch eine Flasche Rotwein im Gepäck. Das entspannt. Macht aber auch schön müde, so dass ich mit den Kids einschlafe.
Am nächsten Morgen sind der Kleinste und ich schon wieder früh wach, weil es kein Schatten gibt, ist es im Zelt schnell zu warm. Wir können einfach nicht ausschlafen. Wir spazieren statt dessen durch Groß Wasserburg und reiben uns den Schlaf aus den Augen, als wir eine große Schleuse entdecken.
Dann gibt es wieder Marmeladenbrötchen für die Kids und Müsli für mich, damit wir gestärkt in den Paddelsamstag gehen können.
Auf dem kleinen Zeltplatz gibt es auch einen Kiosk, wo man dann so gegen zehn seinen Stellplatz bezahlt, aber auch noch Brötchen kaufen kann. Ein bisschen zu spät für unser einer, aber gut gedacht. Unsre Truppe sitzt gegen elf wieder in den Booten. Das Packen geht jetzt auch etwas schneller als am ersten Tag, jetzt hat alles System.
Wir schippern wieder ein Stückchen zurück von wo wir gestern gekommen sind und paddeln dann wieder auf der Spree gen Norden.
Es ist heute ein unglaublich heißer Tag. Als Morten einschläft, muss ich drauf achten, dass nicht allzu viel von der Haut der Sonne ausgesetzt ist, Schirmmütze und Tücher helfen dabei. Es muss so gemütlich sein auf den Wellen einzuschlummern. Als Merle dann auch mal in ein anderes Boot wechselt und ich mich ein wenig hinter der Gruppe fallen lasse, erfahre ich richtig schöne stille Momente. Die Libellen umkreisen wie Hubschrauber unsere bunten Mützen, dann sehe ich einen Nutria mit seinem hellen Fell im Wasser schwimmen. Ein Paradies für die Tiere. In kleinen schattigen Kanälen wiederum ist es auch ein Paradies für Mücken.
In der Mittagsstunde machen wir Halt an der Pension und Restaurant Spreekahn. Unter einer großen weide sitzen die Kinder und schlecken Eis, ich gönne mir ein Radler. Überraschenderweise spreche ich am Ausschank englisch mit der Bedienung, ja auch Leute aus der ganzen Welt kommen hierher, um ein bisschen im Spreewald zu arbeiten.
Natureindrücke im Spreewald
Camping Nord am Neuendorfer See – Paddeln im Spreewald
Der letzte Abschnitt geht über den Neuendorfer See. Puh, das ist nicht einfach, Wind und Wellen sind ganz anders zu handeln als die kleinen Wasserstraßen im Ober- und Unterspreewald.
Nach ungefähr einer Stunde Paddelschlag und 3 Kilometer Strecke sind wir am Camping Nord angelangt. Hier beschlagnahmen wir eine große Zeltwiese mit überdachten Picknicktischen. Im Hinterland gibt es unfreundliche Dauercamper und andere Wohnmobilisten.
Der Zeltplatz hier am Neuendorfer See hat einen großen Badestrand mit viel flachem Wasser. Das ist wirklich toll für die kleineren von uns. Ich führe ein bisschen die Badeaufsicht. Für Ostsee verwöhnte Menschen wie uns, ist natürlich das naturtrübe Wasser nicht gerade ein Genuss, aber eine Abkühlung kann jetzt jeder gebrauchen.
Beim Abendbrotkochen engagiert sich der Kleinste beim Kartoffelschälen. Er erhält von einer Freundin die Kartoffel-Schälmedaille und ist stolz wie Oskar. Er hat schließlich einen ganz Campingkocher Topf voller Kartoffeln geschält.
Verwundert bin ich über Schließ- und Öffnungszeiten der Sanitärgebäude. Ich hatte diese nicht früh genug bemerkt und stehe nach 22 Uhr vor verschlossenen Türen. Irgendwie muss man sich im Urlaub dann auch noch an solche Termine halten. Unangenehm, wenn man nicht wie die Kids hinter einen Busch pullern will.
Der letzte Abend wird für die meisten sehr lang. Ich sehe erst ein paar Tage später Videos von legendären Tierimitationen unter Einfluss von selbstgemixten alkoholischen Getränken.
Sehr lustig. Aber ich bin einfach zu müde von der ungewohnt schönen Belastung.
Am nächsten Morgen schaue ich noch etwas verschlafen aus meinen kleinen Augen und putze mir schnell bei den Toiletten die Zähne und muss auch hier eine dumme Bemerkung einstecken, dass es dafür ja wohl den Waschraum gäbe…. ach je, denke ich bei mir, sie tun mir leid, die unentspannten Dauercamper.
Da kommen wir wieder zu Jans Idee. Einen Naturcampingplatz für Familien aufzumachen, wo es keine Partypeople und Dauercamper gibt, sondern einfach nur entspannte Atmosphäre, Rücksicht und Gelassenheit.
Am Ufer der Zeltwiese hat sich indessen eine Schwanenfamilie eingefunden. Es ist wie eine Meditation, sie zu beobachten und die kleinen kuschligen Schwanenküken mit Brot zu füttern.
Paddeln im Spreewald – Vom Neuendorfer See zum Wasserwanderrastplatz Werder
Wir haben heute noch eine kleine Strecke zum Wasserwanderrastplatz Werder vor uns. So müssen wir noch ein letztes Mal alles gut verpacken. Mittlerweile sind die Essensvorräte geschrumpft, auch Bierkästen und Wasserflaschen sind leer. das letzte Stück entlang des Puhlestroms ist auch einfach nur herrlich zu paddeln. Ich entdecke in der Spitze eines toten Baumes einen Kormoran und jede Menge Biber benagte Bäume stehen an den Ufern.
Fünf der größeren Kinder dürfen heute in einem extra Boot die Strecke bewältigen. Sie sind toll begeistert und motiviert – am Anfang. Unsere Große sitzt hinten und versucht das Kinderboot zu steuern. Es ist wohl doch ziemlich anstrengend. Am Ende wird das Boot mit einem anderen Kanadier gut vertäut und etwas hinterher gezogen. Merle hält bis zum Schluss durch und gibt alles.
Als wir den Wasserwanderrastplatz in Werder entdecken und dort anlegen, sind wir einstimmig der Meinung, dass wir uns den für eine Übernachtung beim nächsten Mal vormerken müssen. Schön naturnah und ohne Dauercamper und Zivilsationsschnickschnack. Trotzdem holt uns hier der Bootsvermieter ab und sammelt alle Boote und die Fahrer der Autos ein. der Rest von uns wartet gemütlich am Wasser, kocht Pudding und badet ganz ausführlich im Puhlestrom.
Jetzt brauche ich erst einmal Urlaub vom Paddeln im Spreewald
Ich bin am Montag nach Himmelfahr noch gar nicht richtig arbeitsfähig und benötige erst einmal eine Mütze Schlaf. Außerdem braucht es eine Weile wieder alle Campingutensilien an den richtigen Platz zu sortieren und klar Schiff zu machen.
Das erholsame jedoch an so einem Trip ist, dass man eine gute Zeit mit lieben Freunden hat und außerdem inmitten der Natur den ganzen digitalen Kram mal außen vor lässt, außer die Handykamera zum Filmen, siehe unten 🙂
Paddeln im Spreewald würde ich uneingeschränkt als Microadventure mit Kindern empfehlen.