Es dauerte eine Weile bis Morten verstanden hatte, dass wir in einem Zirkuswagen im Oderbruch übernachten wollen, aber nicht mit diesem in der Gegend herumfahren. Wahrscheinlich fand er die Vorstellung spannend und wollte sich so schnell nicht von der Idee trennen. Kann ich verstehen. Tatsächlich war es besagter Zirkuswagen (oder großer Bauwagen), auf dem Naturerlebnishof Uferloos in Kienitz, der uns von Freunden ans Herz gelegt wurde und so zu unserem Reiseziel mutierte.
Das Oderbruch ist als Reiseziel um diese Jahreszeit etwas ungewöhnlich. Man kann Glück haben mit dem Wetter oder wie wir das letzte winterliche Wochenende erwischen. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb verbrachten wir dort ein paar schöne Tage.
Das Oderbruch
Als Hintergrund für alle, die wie ich nur mal den Begriff Oderbruch gehört haben. Das Gebiet liegt östlich von Berlin im Landkreis Märkisch Oderland (Kennzeichen: MOL) unmittelbar an der Grenze zu Polen, weil ja logischerweise an der Oder, dem Grenzfluss zwischen Deutschlan dund Polen. Der Weg durch das märkische Oderland ist geprägt von wenig Wald, viel landwirtschaftlich genutzter Fläche und den typischen Brandenburger Alleen. Letzte werden häufiger je weiter man nach Osten kommt. Leider werden die Straßen auch zunehmend uneben. Wer einen ruhigen Rückzugsort sucht, ist hier richtig. Mit 89 Einwohnern auf den Quadratkilometer wohnen hier 10mal weniger Menschen als in Potsdam.
Aktivitäten im Oderbruch mit Kindern
Kurz nach unserer Ankunft wird uns klar, dass unter besseren Wetterbedingungen einen gleich mehrere Möglichkeiten anspringen. Unser Zirkuswagen (einer von mehreren) steht in Sichtweite des Oderdeiches, entlang dessen ein gut gebauter Weg zum Radfahren und Rollerbladen geradezu einlädt. Wir haben weder Skates noch Fahrräder dabei, und so muss ein Spaziergang reichen. Dass idyllische Café in der Hafenmühle Kienitz hat gerade seine Saison eröffnet und so sitzen wir bei etwas frischem Wind in der Sonne und genießen etwas Kaffee und Kuchen.
Wir hören, dass der Weg tatsächlich für lange Radtouren genutzt wird, ein Freund ist bis ganz in den Norden gefahren, und auch von Paddler sind hier unterwegs. Leihangebote gibt es wohl einige, aber uns kommt zu Ohren, das man die Tagesetappen bezüglich Übernachtungsplätzen und kulinarischer Versorgung aufgrund der geringen Siedlungsdichte gut vorweg planen sollte.
Wir selbst verbringen viel Zeit am Lagerfeuer, da es die meiste Zeit in den nächsten Tagen regnet, graupelt und schneit und das ganze durch einen ordentlichen Wind ergänzt wird.Aber wir vertreiben uns die Zeit mit Schnitzen, dem Backen von Waffeln und anderen gemütlichen Dingen.
In unserem Zirkuswagen ist es dank Ofen trotzdem kuschelig warm und wir verbringen etwas Zeit mit Lesen und Brettspielen.
Wandern im Oderbruch mit Kindern
Am Samstag ist die Wettervorhersage noch für die Planung von Outdooraktivitäten geeignet. Mama und die Große gehen auf eine zehn Kilometer Wanderung entlang der Oder.
Wir stiefeln wetterfest gekleidet los. Zunächst sind wir eine ganze Weile auf dem Deich unterwegs und quatschen dieses und jenes. Dann lenkt uns ein riesen Haufen Weidenschnitt am Wegesrand ab und ich komme auf die Idee, ein Osterkörbchen selbst zu flechten. Ein paar Tests mit dem Material ergeben den Plan für den Nachmittag.
Unsere Gastgeber gaben uns den Rat bis auf eine Düne zu laufen, es sei die größte Erhebung und man hätte einen fabelhaften Blick. Doch, wo unser Blick hinfällt, sind nur weite flache Überschwemmungswiesen zu sehen.
Hin und wieder begegnen wir den Schwarz-Rot-Goldenen Grenzpfählen und biegen dann schließlich vom Deich ab und folgen einem Trampelpfad zum alten Deich. Der ist jedoch maximal zugewachsen und wildromantisch. Wir gehen lieber über das aufgeweichte Feld. Herrlich, bei jedem Schritt schmatzt es und plötzlich sehen wir nicht allzu weit entfernt eine Reh Familie. Wir sind ganz verzaubert. viele Vögel sind hier im Überschwemmungsgebiet zu Hause. an manchen Stellen schrecken wir sie leider auf. Besucher oder Wanderer sind sie zu dieser Jahreszeit nicht gewohnt.
Ich merke schon bald, dass meine zehnjährige ganz schön geschlaucht ist von so viel frischer Luft und dem flotten Schritt.
Wir freuen uns schon riesig auf einen Kaffee und etwas zu Knabbern am warmen Lagerfeuer bei unseren Männern.
Dort geschieht es auch tatsächlich, ich bastle und werkle und am Ende habe ich ein kleines Osterkörbchen uas Naturmaterialien hergestellt.
Im Oderbruch-Museum in Altranft
Als Ausflugsziel bietet sich am Ostersonntag das Oderbruchmuseum in Altranft an, es ist etwa 30 km entfernt. Das Wetter ist so ungemütlich, wie es nur irgend sein kann und so scheint ein Museum, also eine Drinnen-Aktivität, recht attraktiv. Hier erwartet uns ein umfangreiches Angebot an kunstvoll und liebevoll aufbereiteten Informationen zum Oderbruch, seiner Kultur und Geschichte. Dabei beschränkt sich das Museum nicht nur auf die Zeit der Trockenlegung unter Friedrich dem II. sondern geht auch auf die jüngere Vergangenheit mit Fotos des Hochwassers von 1997 ein.
Außerdem wird jährlich die Ausstellung erweitert und erneuert. Das geschieht in Zusammenarbeit mit der einheimischen Bevölkerung. Ausstellungskonzept, Inhalte sowie künstlerische Interpretationen in Rauminstallationen wirken deshalb sehr authentisch und persönlich.
In einem Museumsbereich, der sich vor allem an die Kinder richtet, gibt es viel praktisches, man kann die Druckwerkstatt benutzen, auf der Schreibmaschine tippen und sich mit den verschiedenen Berufen und regionalen Wirtschaftszweigen beschäftigen. In dem Projekt Heimat@Arbeit bieten regionale Unternehmen Ausstellungsstücke und Informationen zu ihrem Wirkungsfeld an. Die Kinder können spielerisch erfahren, was man in der Gegend beruflich machen kann. Ich finde es schon mal inspirierend.
Den TalkWalk mit einem Spaziergangsforscher, an dem wir eigentlich teilnehmen wollten, lassen wir ausfallen (vielleicht fiel er ohnehin ins Wasser), denn der stürmische Schneeregen lässt alles in der Umgebung im Matsch versinken. Trotzdem gehen wir nach einer Weile in einer ruhigeren Wetterminute vor die Tür und schauen eine Straße weiter im Fischerhaus vorbei. Die Kinder spinnen ein wenig und sind sehr konzentriert bei der Sache. Also am Spinnrad, ist klar. Eine ältere Dame, die sich wundert, warum das heute keiner mehr macht, erklärt wie man spinnt. Merle macht das ganz gut.
Dann besuchen wir noch eine alte Schmiede (eine weitere Straße weiter). Morten würde gerne mal ein glühendes Stück Metall auf dem Amboss bearbeiten. Das ist jedoch nicht erlaubt (besser so).
Auch wenn die Wege recht kurz waren, hat unser kleiner Ausflug alle müde und hungrig gemacht. Umso schöner, dass unsere Gastgeber uns zu einem Lammbraten am Lagerfeuer einladen.
So verbringen wir unter dem Dach am Lagerfeuer noch einige schöne Stunden in Kienitz bevor unser verlängertes Wochenende zu Ende geht. Hier kommen wir bestimmt wieder her. Mit Fahrrädern und Rollerblades und zum Paddeln.
Hinweis: von Kienitz aus gibt es die nächste Geldautomaten und Einkaufsmöglichkeiten in Letschin(7,6 Km entfernt).