Was wir bisher ein bisschen verschwiegen haben, Älmhult, wo wir gerade sind, ist Ikea Stadt. Ingvar Kamprad hat in dieser Småländischen Kleinstadt das Unternehmen um Selbstmontagemöbel, Teelichter und schöne Stoffe gegründete.
Beim Durchfahren durch die kleinen Straßen von Älmhult sind uns schon Ikea of Sweden Headquarter, Ikea Hotel und Ikea Museum aufgefallen.
Da, wie in allen Ikeahäusern, die Menschen besonders am Wochenende in dieses Möbelhaus strömen, ist der heutige Montag eventuell ein günstiger Tag für dieses Thema. Wir kommen seriöserweise nicht drum herum auch über Ikea zu berichten. Sonst wäre es, als wenn man in Wolfsburg unterwegs wäre, ohne VW zu erwähnen. Es gibt halt solche Orte. Wir haben für diesen Bericht kein Geld von Ikea bekommen und auch unsere Ivar Regale haben wir schon seit unserer Studentenzeit. Zurück zu unseren Erlebnissen:
Ikea – Willkommen zurück?
Vom Campingplatz Sjöstugan Camping fahren wir keine fünf Minuten in die City von Älmhult und parken direkt vor dem Museum. Gleich am Eingang des modernen Gebäudes lernen wir, dass dieses Haus, das erste Ikea Warenhaus war, wie wir es heute kennen. Inzwischen natürlich grundsaniert und in ein Museum umgewandelt.
Blanker versiegelter Estrich und, helles Holz, weiße Wände, schwarze Schrift – unverwechselbar schlicht modern und skandinavisch. Es kann nur Ikea sein.
Die Besucher werden „Willkommen zurück“ geheißen. Denn Wir als Kunden haben Ikea zunächst bei uns zu Hause willkommen geheißen, jetzt lädt es uns in sein erstes Museum ein.
Die Geschichte von Ikea besteht natürlich aus einer Unternehmenshistorie und der Geschichte der Kunden.
Die Kids steuern zielsicher in einen großen Familien Kreativbereich. Toll aufgeräumt regen dutzende von Materialien und Werkzeugen zum Entwerfen, basteln und kreieren ein. Auch Büche rund ein paar typische Spielsachen sind im Angebot. Es gibt an diesem Vormittag hier wenige Gäste. Das wird in den Herbstferien nächste Woche anders sein. In diesem Familienbereich ist alles so hergerichtet, dass sich Eltern mit ihren Kindern wohlfühlen. Eine Ecke zum Chillen, eine kleine Küche mit Kaffeemaschine und Mikrowelle, Sessel mit Aussicht nach draußen, Sitzsäcke mit Büchern, Basteltische. Einige entstandene Kunstwerke, Architektur- und Möbelmodelle werden auf der Fensterbank präsentiert. An einer Wand kleben Zettel: „Was bedeutet Zuhause?“.
Basteln statt Bällebad
Wir können die Kids hier in Ruhe ihrer Kreativität überlassen und widmen uns der Ausstellung. In der ersten Etage interessiert mich besonders der Designprozess. Eine Mitarbeiterin des Teams erklärt mir eindrücklich und gut verständlich den komplexen Designprozeß von Ikea Möbeln. Ich staune. Die Worte „demokratisches Design“ beeindrucken mich. Es ist nicht, wie man vielleicht denken mag, dass jeder mitreden kann, wenn es um ein neues Ikea Sofa geht, nein. Die fünf Faktoren: Funktionalität, Design, Preis, Qualität, Nachhaltig stehen gleichrangig nebeneinander. Dabei spielen das Leben Zu Hause und die Familie eine zentrale Rolle.
Es dauert nach dem Auftrag: „Es wird ein neues Sofa in der Linie Scandinavian modern gebraucht!“ Zirka zwei Jahre, bis das Sofa bei Ikea zu kaufen ist.
Wir erfahren, wie groß das Team sein muss und wie komplex der Hergang ist. Von der flachen Verpackung im zerlegten Zustand eines Möbels bis hin zur Kontrolle der jeweiligen Zulieferbetriebe in Fernost, muss jeder Schritt bedacht werden. Während wir reden stehen wir zwischen Wänden und Installation der Ausstellung im Ikea Museum, die Philosophie und Firmengeschichte sehr abwechslungsreich und lebhaft darstellt. Auch in jedem Ausstellungsbereich existiert eine Ecke für Kinder, die dort das Thema durchdringen können.
In dem Original Set des Titelbildes vom aktuellen Ikeakatalog ist eine Kamera aufgebaut. Mit Selbstauslöser fotografiert sie uns und prompt sind wir auf dem Titelblatt des Katalogs zu sehen.
Ikea – Fleischbällchen in fünf Variationen
Natürlich muss man bei Ikea auch Köttbullar essen. So haben wir gleich von vornherein geplant, im Museum zu Mittag zu essen. Ein großer heller Raum mit Galerie ist als Museumsrestaurant eingerichtet. Das Angebot ist etwas differenzierter und besonderer als normalerweise bei Ikea. Da alle auf die kleinen Bällchen scharf sind, gibt es gleich vier verschiedene Sorten „Bällchen“ – die klassischen Fleischbällchen, Veggi Bällchen, Huhn Bällchen und Lachsbällchen, jeweils mit interessanten Salaten und passenden Beilagen. Alles preiswerter als beim gängigen Dagens Lunch, was man in Schweden immer wieder als Mittagsangebot sieht. Außerdem gibt es auch halbe Portionen – das finden wir prima. Kaffee ist inklusive.
In der untersten Etage wird das Thema Küchen und Essen sehr vielfältig gezeigt. Mit einer VR Anlage kann man in einer Küche herumgucken. Während Merle das ausprobiert, fängt Morten schon mal in einer Thomas-Sandell-Küche an „zu kochen“. Ich stöbere durch eine Küche, die ganz witzig von einer Künstlerin gestaltet wurde. Dahinter findet sich noch ein Küchenblock, entworfen von einer Designerin, die darauf Wert legt, dass kleine spielende Kinder und kochende Erwachsene gemeinsam in einer Küche tätig sein können.
In meinen Betrachtungen fährt mir plötzlich ein Kind mit Rollstuhl zwischen die Beine. Die Architektenküche ist nämlich für Rollstuhlfahrer und Nicht-Rollstuhlfahrer gestaltet, da darf ein gängiges Gefährt nicht fehlen. Großes Gezeter und Gestreite, wer wie lange den Rollstuhl ausprobieren darf.
Ich verziehe mich in den Museumshop. Einige ausgewählte Ikea Produkte sind hier unter dem Label Ikea Museum zu finden. Mich interessieren besonders die Bücher, die Themen wie Småland, Essen, Möbel und Landschaft verknüpfen. Fast alle Bücher gibt es in Schwedisch, Englisch und Deutsch. Gleich denke ich an Weihnachten, Mitbringsel und Geburtstage. Und selbst aus dem Ikea Museum gehen wir mit einer großen Tasche Kleinkram raus…. Wie eben aus jedem blau-gelben Einrichtungshaus.
Zurück in unserer Campinghütte sind die meisten Familienmitglieder Fußlahm und brauchen eine Pause. Die Mama nutzt die Chance, um noch mal ein paar Schritte draußen zu laufen. Da das Knie nach dem Joggen nicht ganz einwandfrei war, probiere ich es heute mit den neuen Leki Wanderstöcken und ´nem zügigen Schritt in die Umgebung. Das geht besser und selbst, als es wieder anfängt zu nieseln, genieße ich das einsame Laufen durch gelbe Wälder und leere Straßen, die mit roten Häuschen gesäumt sind. Leider habe ich versprochen, in einer Stunde wieder zurück zu sein, ich glaube ich hätte gut doppelt so lange unterwegs sein können.
Die Kinder empfangen mich in Eintracht vor irgendeinem Kinderfilm, die Große wenigstens mit ihrem Häkelprojekt in der Hand. Ich bin angesteckt und setze mich auch an Garn und Nadel bei einem gemütlichen Kaffee und einem Hörspiel im Hintergrund. Mit so viel Sauerstoff und Mama-Solotime kann ich mich wieder gut den beiden widmen. Langsam kommen wir in den Reise Rhythmus.