In Norwegen zieht man mit dem ganzen Haus um….. oder wenn ein altes Haus noch gut ist, baut man es auseinander und dann woanders wieder auf.
Sehr praktisch wie im Falle des Maihaugen Museum in Lillehammer.
Maihaugen ist ein großes lebendes Freilichtmuseum.
Als ich den Eingang ein paar Hundert Meter hinter mich gelassen habe, befinde ich mich mitten auf einer Farm von 1200. Gewaltige Blockhäuser ringen sich um einen zentralen Platz. Ich schlüpfe in das dunkle Innere des Haupthauses. Ich bücke mich, um mir nicht den Kopf zu stoßen und schon stehe ich vor einem knisternden offenen Feuer. Die Farmers Frau erzählt davon, dass hier viel Gerste benutzt und verarbeitet wird. Und ich koste von frisch gekochtem Gersten Porridge. Das wird hier in dieser Zeit an allen vier Mahlzeiten am Tag gegessen. Alle Farmbewohner sitzen dazu um einen langen schweren Holztisch. An den Wänden hängen Töpfe und Geräte au der Zeit im 13. Jh. Die Farmersfrau erklärt alle Details und auch ihre Kleidung ist original nachgebildet… erst wenn ich wieder das große Holztor durchschreite, bin ich wieder in einer anderen Zeit…. Wir ich hören wurden alle Holzhäuser irgendwo in der Umgebung abgebaut und hier wieder neu errichtet. Dafür werden die einzelnen Stämme akribisch beschriftet und wieder zusammengebaut. Das gleiche höre ich von Rainer, einem deutschen Auswanderer im Gudbrunsdal. Er hat hie und da kleine Holzhäuser gefunden und sie wieder aufgebaut oder teilweise wieder verwendet. Es scheint hier so üblich und stimmt mich froh – es ist eine gute Art von Recycling, denn mit Stein oder Betonhäusern wird man das sicherlich nirgends tun. Ein Haus aus den 70ern wurde sogar in einem Stück ein paar wenige Kilometer durch die Stadt aufs Museumsgelände des Nachts transportiert.
Häuser aus jedem Jahrzehnt im Freilichtmuseum Maihaugen
Ich schlendere weiter einen Museumsstraßenzug entlang und stolpere in ein weißes Einfamilienhaus. Eine Bewohnerin mit zwei Zöpfen, pinkem Rouge und Nagellack quackelt fröhlich drauflos, sie wohnt hier mit ihren Eltern und zeigt mir ihr Zimmer: Der Boden ist bedeckt mit 80er Jahre Klamotten und irgendwie fühle ich mich in meine Jugend zurückversetzt. Ich schaue in die Küche und öffne aus Spaß den Kühlschrank. Norwegische Produkte aus den Achtzigern springen mir entgegen. Bamsebrus, eine rote Brause, Yoghurt und Milchpackungen aus einer vergangenen Zeit.
Insgesamt scheinen Norwegen und Deutschland in den 80er Jahren sehr ähnlich gewesen zu sein. Räucherstäbchen, bunte Zeitungen, Glasfasertapete, schrille Farben, Venezianische Masken an der Wand als Urlaubsmitbringsel.
Aus jedem Jahrzehnt ab 1930 gibt ein vollständig eingerichtetes Wohnhaus inklusive Bewohnern auf dem Gelände des Freilichtmuseums Maihaugen in Lillehammer. Die meisten Räumlichkeiten kann man betreten und man kann alles anfassen und benutzen.
Ich stolpere wieder hinaus und begegne in einer Museumsstraße einer Postbotin aus den 30er Jahren, ihr Fahrrad liegt auf der Erde und die ganze Post ist ausgekippt, aufgeregt sucht sie nach einem Empfänger für einen grünen Liebesbrief. Die Ladenbesitzerin des Gemischtwarenhandels kommt heraus gestürmt, sie hätte Mäuse im Laden. Die Postbotin hilft und kommt mit einer Spielzeugmaus wieder raus. Alle sind erleichtert. Mittlerweile hat sich eine Menschentraube um die Szenerie gebildet. Hier beginnt ein interaktives Theaterstück und die Postbotin nimmt die Besucher mit zu verschiedenen Spielorten… ich bin ergriffen, berührt und mitten in der Geschichte… leider muss ich weiterziehen und kann nicht mit der Gruppe mit gehen.
Wandertheater durch das Freilichtmuseum Maihaugen in Lillehammer
Ein ganz ähnliches Wandertheater gibt es für kleinere und ein anderes für etwas ältere Kinder mit ihren Familien. Ich finde diese Art sehr lebendig und anrührend, auf jeden Fall bleibt so das Wissen über Kultur und Traditionen einprägsamer im Gedächtnis. Jedenfalls bei mir, ich erzählen jedem Zweiten die nächsten Tage von dem Erlebnis und den Gesprächen mit den Bewohnern aus „einer anderen Zeit“.
Vielen Dank an Fjellnorwegen und Visitnorway für die Einladung auf die Pressereise.
Ich liebe diese norwegischen Holzhäuser und wäre am Liebsten mit einem alten, verlassenen Haus nach Deutschland umgezogen um es dort sanieren zu lassen. Und diese Freiluftmuseen gibt es ja in allen Ecken des Landes. Ich finde sie total spannend und total nett für Kinder. Da fühlt man sich meist wie in Bullerbü oder wie beim Michel aus Lönneberga. LG/ Nadine
Liebe Frau Hibbel, ja genau das habe ich auch gedacht: Abbauen und mitnehmen. Wo habt ihr noch solche tollen Freilichtmuseen entdeckt?