Der erste Tag im Nirgendwo

Aufstehen war noch nie schön für mich. Wirklich nie. Und ich war selten so erschöpft wie gestern Abend. Dabei hatte ich nur mein Handgepäck zu ziehen, genauso wie meine beiden Kinder auch. Mein Konzept: jeder darf nur mitnehmen, was er selbst transportieren kann. Geertjes Tasche dagegen hatte die Form einer Seekuh und wog 23 kg. In meinem Wahnsinn hatte ich ihr mehrfach angeboten, es auch einmal zu tragen und mich gewundert, dass sie das Angebot nicht annahm. Als Geertje schließlich die Fährtickets für uns holte, wollte ich die Tasche zu einer Bank einige Meter weiter tragen – Fehlanzeige, ich konnte die Seekuh kaum anheben. Wahnsinn, die Frau!

Aufstehen war wie gesagt noch nie schön für mich. Aber nach dieser Erschöpfung und einer echt schrägen Nacht, in der ich nachts mitten im Raum aufgewacht war und nicht mehr wusste, wo ich bin, stehe ich auf und erkenne beim ersten Blick aus dem Fenster, dass ich hier richtig bin, in meinen Ferien auf Saltkrokan. Wenige Meter vor unserer Blockhütte strandet das Meer, malerische Birken und Kiefern, moosbewachsene Felsen, eine Holzbrücke führt auf eine kleine Insel, die uns direkt gegenüberliegt, dahinter weitere kleine Inseln. So habe ich mir Schweden immer vorgestellt! Nur sind wir in Finnland, wie ich gestern zufällig erfahren habe – und was mich immer noch zum Grinsen bringt. Wie bin ich doch in diese Reise reingestolpert! Und sie beginnt wunderbar. Mit Blaubeeren- und Pilzesuchen, mit abenteuerlustigen Draußenkindern mit leuchtenden Augen und ab und zu triefendnassen Hosen, mit Frauengesprächen auf der Terasse, eingewickelt in Decken und mit einer heißen Teetasse in den Händen. Wir beiden Mütter beschließen, dass dies ein Ort ist, um einfach nur hier zu sein. Kein Ehrgeiz, keine Leistung, kein Output unsererseits ist das Ziel, wunderbar!

Am Abend gibt es dann doch einen Ouput: der Handarbeitswahn greift um sich, auf dem riesigen Sofa vor dem offenen Kamin häkeln und stricken wir Beanies, Stulpen und Grannies. Henri (7) heizt ein, das ist also eine finnische Sauna! Und so hüpfen am Ende unseres ersten Tages 5 quietschende nackte Deutsche die kleine Böschung zum Wasser hinunter und ab in die finnische See.

 

Geertje

Geertje schreibt und fotografiert auf Reisen gerne, um diese intensiven Momente des Lebens festzuhalten. Sie möchte diese wunderbare Welt auch ihren Kindern zeigen und reist deshalb am liebsten als Familie in den Norden. Schön ist es, wenn Bilder und Texte auch andere Familien zum Reisen inspirieren.

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