Zum Eisangeln in Arvidsjaur rüsten wir uns an diesem Wintertag in Schwedisch Lappland.
Schon wieder ein Ferientag in Schwedisch Lappland, der vor Sonnenaufgang beginnt. Die Kids müssen etwas motiviert werden, denn Ausschlafen müssen wir wann anders. Das wenige Tageslicht in diesen Dezembertagen wollen wir schließlich für Outdooraktivitäten nutzen.
Rentieresafari mit Natursafari
Sonny, der Inhaber des Unternehmens Natursafari holt uns kurz nach acht von unserem Ferienhaus „Haus Lappland“ in Aborrträsk ab. Es ist ungefähr minus zehn Grad und dunkel. In einem Kleinbus treffen wir auf zwei weitere deutsche Gäste für den heutigen Ausflug. Mutter und Sohn sind auch warm eingemummelt und noch sichtlich müde. Über vereiste Straßen scheinen wir ins Nirgendwo zu fahren.
Endlose weiße Straßen, Sonny fährt sicher und erzählt dabei, über sich, das Leben hier oben. Er ist Kind einer Waldarbeiterfamilie und kennt die Gegend hier wie seine Westentasche. Die Samen züchten hier Rentiere, die wir besuchen wollen. Zugegebener Maßen haben wir schon vielerorts welche gesehen, ob am Straßenrand oder in kleinen Gehegen. Gerade im Frühling war Morten mit Rentieren schwimmen.(Link)
Nun ja wir lassen uns überraschen. Sonny sieht einen kleinen Truck vor uns in einen Weg einbiegen und erwähnt, dass es die Samen sein könnten, denen die Rentiere gehören. Sie haben mindestens eine Tonne große braune Säcke auf ihrer Ladefläche gestapelt. Es ist das Futter für die Tiere, denn um neun Uhr ist Fütterungszeit.
Tausendfünfhundert Rentiere um uns herum
Wir befinden uns mittlerweile direkt hinter dem Kleintransporter und fahren in Schrittgeschwindigkeit einen kleinen Weg bis zu einem Gehege Zaun und werden dann durch ein Tor in dieses Gehege gelassen. Wir sitzen immer noch im warmen Bus. Ich sehe aus der Frontscheibe und erahne in der Morgendämmerung ein paar Tiere, die dem Futtertransporter hinterherlaufen. Die wissen wohl Bescheid. Als die Samen dann aussteigen und beginnen die Futtersäcke in große Behälter zu entleeren wird mir das Ausmaß dieser Unternehmung bewusst. Von allen Seiten strömen Rentiere heran. Weiße braune, gefleckte, graue Tiere mit und ohne Geweih drängeln sich um Transporter und Futtertröge.
Wir dürfen aussteigen. Die Kälte zwickt sofort in der Nase. Das sichere Anzeichen für mich, dass es mindestens minus 20 Grad sein müssen. Man sieht den eigenen Atmen in der Luft. Verblüfft und aufgeregt, dieses Gewusel mitzuerleben, schlendern wir zwischen den vielen Tieren umher, bis unsere Große mit heller Begeisterung mit einem Rentiergeweih zu uns kommt. Sie hat es eben gefunden und darf es sogar behalten.
Sonny erklärt, dass die Männchen jetzt ihre Hörner abwerfen, sie werden nicht mehr für den Kampf um die schönste Rentierfrau benötigt. Alles sind geschwängert und müssen jetzt nur noch gut durch den Winter kommen, bevor sie im Frühling die Rentierbabys zur Welt bringen. Deshalb haben die Weibchen ihre Geweihe noch ein wenig länger. Sie müssen im Schnee nach Nahrung graben und Flechten und Moose finden, damit sie in der Zeit der Schwangerschaft gut genährt sind.
Für die Kids beginnt mit der Info die große Schatzsuche und tatsächlich kehren sie noch mit ein paar mehr Abwürfen zurück. Es scheinen sehr freundliche Tiere zu sein. Merle gelingt es sogar, eines zu streicheln, ansonsten sind sie auch scheu und nur ein bisschen rau untereinander, wenn sie auch einmal allein am Futtertrog stehen wollen.
Wärmender Kaffee und Kanelbullar nach der Rentiersafari
Der Frost kriecht uns in die Knochen, ich bin allzu fasziniert und könnte ewig durch das Gehege streifen, es muss mindestens vier Fußballfelder groß sein, weitläufig, genug Platz für die Tiere, einige Bäume und sogar kleine Hügel sind dazwischen.
Ich habe immer wieder Fotos von einheimischen Fotografen vor Augen, die während des Markierens entstehen. Ein Gewusel von Rentieren, Dynamik und Leben…
Sonny ruft uns zurück zum Auto. Dort gibt es Zimtkringel, Kanelbullar und einen heißen Kaffee aus der Kuksa, der typischen runden Holztasse. Von den Eindrücken ist mir schon ganz warm ums Herz, die Kids sind stolz auf ihre Geweih Schätze.
Eisangeln in Arvidsjaur für die ganze Familie
Die Fahrt geht wieder Richtung Abborrträsk. Wir halten an der Straße, an der Sonny auf dem Hinweg den Hänger hat stehenlassen. In ihm ist ein Schneescooter, mit dem wir auf dem See Abrahams-Nilsatjärnen brausen. Ein paar Meter durch den Wald und durch Tiefschnee bis wir zu einem schönen Platz mit vorgeheiztem Lavvu, Rentierfell bedeckten Bänken und vorbereiteten Angellöchern kommen. Mittlerweile steht die Sonne kurz über dem Horizont – der höchste Stand für den Dezembertag. Wir müssen unser Lunch selber besorgen. Mist, denke ich. Im Angeln war ich noch nie gut, obwohl es mir schon immer Spaß gemacht hat. Wir treffen auf eine andere Mecklenburger Familie. Kai, Ulrike und Richard wollen auch ihr Glück im Eisangeln probieren.
Alles vorbereitet zum Eisangeln in Schwedisch Lappland
Sonny und sein Kollege haben alles perfekt vorbereitet, selbst die Klapphocker stehen schon an den 20 Zentimeter großen Löchern im Eis, die kleinen biegsamen Angeln erwecken eher den Eindruck eines Spielzeuges. Aber spätestens als Sonny ein Stück Wurst an den Haken unter den Blinker hängt, merke ich, dass es ernst ist mit dem Eisangeln. Kaum hat der Kleinste seine Angel ins Wasser gehalten, zuppelt es auch schon daran. Bei Jan auch. Letzterer folgt nicht den Instruktionen des Profis, seine Schnur reißt. Morten ist vorsichtiger und nimmt mit den kleinen Handschuhen die Angelleine in die Hand und zieht sie hoch aufs Eis. Ein Arctic Char ein mittelgroßer Saibling hängt dran. Es soll so weitergehen, dass die Männer größeres Angelglück haben als die Damen.
Es wird empfindlich kühl an den Füßen, da wir uns ja nicht bewegen. Deshalb wärme ich mich mit Morten hin und wieder im kleinen Lavvu auf. Dort steht ein kleiner Holzofen mittig und macht es schön muckelig warm. Wir lümmeln auf Rentierfellen herum und erzählen uns Geschichten.
Als das Angelglück beim Eisangeln in Arvidsjaur draußen nachlässt, bietet Sonny an zu einem benachbarten See zu fahren und dort ein paar Löcher ins Eis zu machen. Tatsächlich dort beißen auch noch ein paar Fische an. Das freut uns. Eine weitere deutsche Familie freut sich ebenfalls über Beute und bald ist es genug, dass wir alle gut versorgt sind. Sie würden an der kalten Luft tief frieren, deshalb werden sie bis zur Zubereitung unter dem Schnee gelagert. Der isoliert die toten Fische vor der eisigen Kälte.
Dann begeben wir uns zum zentralen Lagerplatz und Sonny und sein Mitarbeiter filetieren die Fische und bereiten den Grill vor. Wir sitzen draußen an rustikalen Holztischen auf Rentierfellen, philosophieren mit den anderen Gästen über Gott und die Welt.
Unsere große ist die geduldigste von allen und hält ihre Angel bis fast zum Sonnenuntergang in das kleine Loch im Eis. Sie trägt mittlerweile meine Daunenjacke und ist ganz tapfer.
Fische grillen nach dem Eisangeln in Arvidsjaur
Dann ruft Sonny von Natursafari zum Essen. Auf bewährte Art und Weise wird das Essen auf Holzdachschindeln serviert – quasi umweltfreundliches Wegwerfgeschirr. Auf Rentierfellen sitzen, den dampfenden Fisch schnuppernd und das knackige Gemüse schmeckend – das ist wirklich ein cooler lifestyle – share our arctic lifestyle ist hier das Motto.
Immer wieder bin ich berührt von solchen Momenten, weil ich in die Landschaft und in die Kultur hier oben in Nordschweden eintauchen darf. Wenn man dabei noch mit den Menschen von hier im Gespräch ist und dabei erfährt, wie sie im Einklang mit der Natur und den Gegebenheiten leben, bin ich erstaunt, manchmal neidisch aber auch inspiriert. Die meisten von den Menschen , die wir hier treffen haben mehrere Jobs, um über die Runden zu kommen bzw. ein breites Angebot in ihren touristischen Unternehmungen: Sonny geht sowohl jagen, als auch zum Fischen und auf Skitour mit den Gästen. Stefan Andersson von Skogstänst mit dem wir zur Elchsafari gingen, hat einen Hauptjob im schwedischen Wald, Unser Freund Sebastian in Kiruna muss im Sommer auf Baustellen arbeiten und fährt im Winter mit den Hunden und Schlitten in die Landschaft.
Innerlich ganz gewärmt vom schönen Lunch und der herzlichen Gemeinschaft nach dem Eisangeln in Arvidsjaur mit Einheimischen und anderen Gästen geht es mit dem Scooter zurück in die Zivilisation. An der Straße steht noch der Kleinbus, der uns zu unserem Ferienhaus „Haus Lappland“ nach Abborrträsk bringt.
Nach dem Eisangeln können wir in unserem Ferienhaus jetzt noch schön den Kamin anheizen und alle Spiele ausprobieren, die der Weihnachtsmann gestern geliefert hat. Keine Zeit zum Fernsehgucken. Dennoch werde ich schon wieder nervös, denn die Nordlichtvorhersage ist relativ gut, nur die Wolken ziehen langsam auf. Also muss ich schnell noch nach dem Abendbrot gegen sechs meine Kamera gen Norden richten. Tatsächlich habe ich auch hier noch ein wenig Jagdglück. Grüne Schimmer und Streifen hinter den Wolken. Ich bin noch nicht ganz sicher mit meiner neuen Technik. Erst vor kurzem bin ich auf das spiegellose Fuji System umgestiegen und fotografiere mit einem toll lichtstarken Weitwinkelobjektiv.
Abreise aus Arvidsjaur nach Deutschland
Nach einer gemütlichen und aufregenden WEihanchtswoche mit vielen Winteraktivitäten in Arvidsjaur müssen wir schweren Herzens wieder in das grau und mild-warme Deutschland fliegen.
Doch dank der schnellen und direkten Flugverbindung wissen wir ja nun, dass Schwedisch Lappland nur 2 Stunden entfernt von Mitteldeutschland aus liegt. Wirklich ein kurzer Weg in den richtigen Winter.
Am kleinen Flughafen in Arvidsjaur geht die Abfertigung ganz unproblematisch und ist keineswegs vergleichbar mit riesigen Flughäfen in Stockholm oder andere großen Städten. Das macht alles so schön persönlich und sympathisch.
Wir checken schnell ein und sind in 2 Stunden in Hannover gelandet. Von dort sind es nur zwei weitere Autostunden in unsere Heimat Potsdam.
Hier unsere Erlebnisse der letzten Tage noch einmal im Video.
Teil ein des Film gibt es hier zu sehen
Diese Wintertage in Arvidsjaur mit Skifahren, Schneeschuhlaufen, Hundeschlittentour, Elchsafari, Rentiertreffen und Eisangeln werden wir nicht lange im Gedächtnis behalten und kramen die frostigen Bilder an warmen Sommertagen wieder heraus.
Eisangeln in Arvidsjaur kann übrigens süchtig machen:)