Ein Bericht über die Ankunft am Vulkan in Island und eine brodelnde Sehenswürdigkeit
Einen Vulkan in Island – brodelnd, feuerspuckend, dampfend – live zu sehen, hätten wir uns nicht erträumt.
In diesem Blogpost berichten wir davon und haben gleich drei Videos vorbereitet,zu denen Du hier gelangst:
- Live – Bericht direkt vom Vulkan ( 15 min)
- Helga Bara Jonsdottir , Wissenschaftlerin erklärt die Vulkane auf Island
- Unser nordicfamily Video vom Besuch an der Lavazunge und dem Rundflug
Es ist 16 Monate her, dass wir als Familie gemeinsam in ein nordisches Land unserer Wahl gereist sind. Umso erfreuter sind wir, dass es nun gleich Island ist. Eine Familienreise nach Island ist auch für uns ein großes Ding, logistisch, wie auch finanziell, als auch zwischenmenschlich. Sind wir doch alle ein Stück älter geworden und haben unterschiedliche Bedürfnisse an eine Reise in den Sommerferien.
Wir Eltern haben beschlossen, dass es in Island ja wohl für jeden Geschmack etwas geben müßte und ich selber habe schon in einer Exceltabelle die möglichen Hotpots für Morten rausgesucht und abenteuerliche Unternehmungen mit den Icelandic Mountainguides für mich selber und unsere Teenagerin aufgelistet.
Trotz genauester Vorbereitungen, waren wir bei Abflug am Freitagabend mächtig aufgeregt. Mit Masken und allen Impfnachweisen und Registrierungen saßen wir nun am BER, dem „neuen“ Berliner Flughafen. Am Gate bemerken wir, dass wir im ersten Flug einer neuen Fluggesellschaft von Berlin nach Reykjavik sitzen. Es werden Snacks und Getränke zur Premiere spendiert. Ein guter Anfang.
Im Flugzeug trinke ich zur Einstimmung eine Dose Isländisches Bier, was wäre es nicht auf dem Jungfernflug kostenlos gewesen, wahrscheinlich 10 Euro gekostet hätte.
Dreieinhalb Stunden sitze ich mit den Kids in einer Reihe auf den uns zugewiesenen Plätzen, ansonsten herrscht im Flugzeug gähnende Leere, weniger als 40 Passagiere nehmen diesen Flug über das Nordmeer auf die Vulkaninsel. Es ist schon spät abends und für unsere innere Uhr bald Mitternacht. Durch die 2 stündige Zeitverschiebung ist es in Island jedoch noch nicht so spät.
Vulkan durch Wolken
Kurz vor der Landung sieht Morten durch die Wolken den Feuerspeienden Vulkan im Tal Geldingadalir. Schon jetzt ist es magisch.
In unseren Hotelbettenliegen sind wir an diesem Abend müde, aufgewühlt und in froher Erwartung der nächsten zwei Wochen. Die ersten zwei Tage haben wir der Halbinsel Reykjanes und somit auch dem gerade aktiven Vulkan auf Island reserviert, denn er liegt nur 20 Minuten vom Flughafen entfernt.
Unser Gepäck inklusive Technikkoffer mit Kameras und Objektiven und unserer neuen Drohne passt gerade so in unseren Mietwagen, einem Dacia Duster 4×4. Im Laufe der Tage wollen wir ein System ausklügeln, weil wir ja quasi ständig aus dem Koffer leben auf diesem Roadtrip. Spoileralarm: Es gelingt uns nicht.
Aufbruch zur Vulkan Wanderung
Gleich Morgens holen wir uns noch einen Rat, wie wir den Wanderweg zum Aussichtspunkt auf den Vulkan am besten erreichen an der Hotel-Rezeption und machen uns auf den Weg. Wir müssen zwar auf dem Weg noch ein paar andere logistische Hürden nehmen (Campinggas besorgen, Snacks für den Tag…) aber dann geht es wirklich los.
Seit März brechen immer wieder neue Krater im Geldingardalur auf und aus und spucken Magma. Die Lava füllt die Täler ringherum, so dass sich Wanderwege zu guten Aussichtspunkten auch regelmäßig ändern.
Wir nehmen von Keflavik die Straße 43 Richtung Süden nach Grindavik und danach die 427 nach Osten. Auf der linken Straßenseite finden wir dann einen provisorischen Parkplatz. Schon gut gefüllt und mit einem Hinweisschild, dass wir über eine App eine Parkgebühr zahlen sollen. Das mache ich total gerne, denn hier sind eine Menge Leute beschäftigt, die diesen Vulkanausbruch touristisch erschließen. Auf den Wegen sehen wir Leute von der Bergwacht mit Messgeräten, die die Gaskonzentration entlang der Route messen.
Wir wandern zum Vulkan
Wir werden darauf hingewiesen an manchen Stellen weiter oben am Hang zu gehen, damit wir keine giftigen Gase einatmen. Der Beginn des Wanderweges ist gut ausgebaut, der leicht bergan geht. Wir haben unsere Rucksäcke vollgestopft mit Verpflegung, Wasser, Kameras und Drohne, sind auf alles vorbereitet. Trotzdem es im Kalender Anfang Juli ist, zeigt das Thermometer hier nur zwischen 11 und 15 Grad. Das ist uns sehr recht, eine gute Wandertemperatur. Wir ahnen noch nicht, dass wir nach der nächsten Kurve der neuen Erde so nah sind.
Hinter dem nächsten Hügel bin ich baff, als die noch dampfende Lavazunge dort so einfach im Tal liegt wie ein träges Tier. Mit Respekt und Ehrfurch nähere ich mich diesem riesigen knisternden „Wesen“. Es scheint so als wenn die Lava aus tausenden Glassplittern besteht, die sich langsam bewegen, das Geräusch ist einzigartig. Im Hintergrund gibt es noch ein anderes Geräusch, ein Beben und Grummeln und Rauschen, wie am Meer, wenn es große Wellen hat. Das ist der eigentliche Krater, der gerade am spucken ist.
Frische Lava am Geldingadalir ganz nah
Dort wo die Lava nicht mehr glüht, tasten wir vorsichtig das dunkle Gestein. Es ist warm und rau. Durch Ritzen und Spalten lugt rote Glut hervor und wie eine Schnecke bewegt sich die noch flüssige Masse vorwärts. Es ist kaum möglich, sich längere Zeit so dicht neben der Lava aufzuhalten, so viel Hitze strahlt sie ab.
Es ist hypnotisierend, allein an dieser Lavazunge könnte ich stundenlang sitzen, hören, schauen und wahrnehmen. Der Weg entlang der frischen Erde führt uns über Geröll an einem Hang entlang, nach ca 2 Kilometern erreichen wir eine Stelle, wo teilweise das Gras anfängt zu brennen und wirklich noch glühende Flüsschen zu sehen sind. Von dort berichte ich in einem Livestream.
Livebericht vom Vulkan im Video
Dann kommt uns eine italienische Familie entgegen, die uns empfiehl den breiten ausgetretenen Wanderweg auf dem Bergkamm mit den Kindern zu nehmen, denn hier unten würde man doch „gar nichts sehen“.
Wir sind verwundert, denn für uns ist dies schon sehr eindrücklich.
Strapazenabschnitt auf der Wanderung zum Vulkan in Island
Es stellt sich die Frage, ob wir von unserem jetzigen Punkt einen steilen Geröllhang emporkraxeln oder noch einmal ganz zurück gehen, um schließlich auf den Bergkamm zu gelangen. Wir versuchen die schwierige Variante und sind schier am Verzweifeln. Trotz Wanderstöcke kommen wir nur sehr langsam voran, Jan kehrt um, Morten ist den Tränen nahe. Dann endlich ein kleines Plateau mit noch mehr Lava und einem folgenden weiteren Anstieg. Wir können schon einen Antennenmast und viele Menschen sehen, die in Richtung Krater schauen, der aber auch noch ewig weit weg erscheint.
Schließlich bin ich mit den Kindern oben, was für ein Glücksgefühl. In der Ferne donnert der Vulkan und spuckt glühendes Material aus, aber auch Wolken und Dunst füllen das Tal und die Ebene. Ich erhoffte mir eine direktere Sicht nachdem ich so viele spektakuläre Fotos von anderen Fotografen gesehen habe. Ich wechsle einmal auf mein Teleobjektiv und hole mir die Lavaströme etwas dichter vor die Linse – gerne hätte ich ein Fernglas dabei.
Wir verspeisen unsere letzten Picknickreste und posen für Selfies und Familienfotos.
Der breite Weg über den Kamm führt uns dann zurück zum Parkplatz. Es dauert weniger als eine Stunde bis wir unser Auto wieder erreichen. Auch Jan treffen wir hier wieder.
Jans kleiner Zwischenbericht
Keiner Einschub von Jan: Der scheinbar kurz Weg auf den Bergkamm stellt sich für mich als unüberwindbar heraus. Auf spitzen, wackeligem Geröll, das einem kaum Halt gibt, hatte ich mich nach der Hälfte der Strecke nach oben (vielleicht 100 Meter) dermaßen ausgepowert, dass mir die Reststrecke einfach nicht mehr machbar erschien. Es war wie der Versuch, eine abwärtsrollende Rolltreppe nach oben zu Laufen, nur, dass die Treppenstufen locker waren und die Rolltreppe auf doppelter Geschwindigkeit läuft.
Ich ging zurück und wanderte in eine Gruppe von Helfern mit Gasmessgeräten, wir kamen ins Gespräch. Etwa auf der Hälfte der Strecke zurück, da wo wir uns eine Weile aufgehalten hatten, fingen die Gasmessgeräte um mich herum auf einmal an ein riesiges Pieps-Theater zu machen und die Helfer begannen die Wanderer um uns herum den Berg hoch zu scheuchen.
Island ist einfach nicht wirklich ungefährlich. Am Ende traf ich meine Familie am Parkplatz wieder. Alle mit Eindrücken gesättigt. Jan Ende.
Campingabendbrot am Vulkan in Island
Es ist Abend und wir suchen uns einen schönen Platz am Meer, um unser Camping Abendbrot zu verspeisen.
Wir sind die einzigen Gäste an der spektakulären Stelle von Brimkill Lava Rockpools. Schwarzer, warmer Sand zwischen Dünengras ist unsere Abendbrottafel, Merle zaubert Trekkingfood auf dem Gaskocher.
Ich selbst versuche das brausende Meer, das sich immer wieder an den schwarzen Felsen bricht mit der Kamera einzufangen. In runden Pools sammelt sich in ruhigen Momenten das Meerwasser. Diese Szenerie beobachte ich von einer kleinen Steganlage über der Steilküste. Ein herrlicher erster Abend auf der Feuer-Insel.
Rundflug mit Myflug über dem aktiven Vulkan in Island in einer Cessna
Wir schauen dennoch immer wieder auf die Uhr, denn Jan wird seinen Geburtstagsgutschein heute schon einlösen und wir sind dabei. Um 21 Uhr sind wir auf einem kleinen Flugplatz in Reykjavik verabredet.
Der Pilot Dadi von Myflug hat uns jedoch kurzfristig kontaktiert, die Wetterlage sei für einen Rundflug heute Abend nicht geeignet. Oh wie schade, waren wir doch schon gleich da. 10 Minuten später revidierte er seine Meinung (neuen Infos von einem seiner Kollegen) und wir schlüpften schnell in die kleine Cessna Maschine Baujahr 1982.
Merle saß vorn neben Dadi, Jan und ich saßen in der zweiten Reihe, Morten hinter uns. Angeschnallt mit Kopfhörern und Sprechfunk ausgestattet heben wir in der kleinen rumpligen Maschine ab. 10 Minuten Flug über wüstenähnliche Landschaft bis wir den aktiven Vulkankrater aus der Luft erspähen. Da ist er der Vulkan in Island, von denen schon so viele Fotografen perfekte Bilder im Netz zeigten.
Selbst unser Pilot von Myflug ist begeistert und dreht mit uns eine Runde nach der anderen über das Gebiet, in dem sich die frischen Lavaströme in den Tälern ergießen.
Unsere Kameras halten nicht still, Jan filmt mit seinem Handy, ich fotografiere mit meiner Kamera. Der brodelnde Magmatopf ist zu faszinierend, wie eine große Suppe in einem gewaltigen Rund von ca 40 Metern Durchmesser.
Ich meine sogar die Wärme zu spüren, die der Krater ausströmt, aber vielleicht ist es auch nur meine innere Aufregung. Was für ein gemeinsames Erlebnis zum Beginn unserer Islandreise als Familie.
Nach einer guten Stunde und zig Runden über der eigentlichen Sehenswüdigkeit sind wir wieder zurück am Auto. Es ist spät abends, aber es wird nicht dunkel hier so nah des Polarkreises.
Dennoch ist bald für uns Schlafenszeit, so dass wir die vielen Eindrücke verdauen können. Nicht ganz einfach. In unserem geräumigen Hotelzimmer in Keflavik bereiten wir uns also seelisch und moralisch auf die nächsten Tage vor.
Da wir die geologischen Vorgänge selber nicht so gut erklären können wie Helga Bára Bartels Jónsdóttir
Helga Bára Bartels Jónsdóttir erklärt den Vulkanismus
– lassen wir sie im folgenden Interview selbst zu Wort kommen.
Unser Video vom Vulkan Geldingadalir in Island
Fazit zu unserem Abenteuer mit Vulkan in Island
Einen aktiven Vulkan zu beobachten ist wahrscheinlich für jeden Menschen sehr eindrücklich. Hier in Island waren wir so erfreut über die touristische Erschließung, die freundlichen Isländer, Ranger und alle, die sich darum bemühen, dass es ein so eindrückliches und sicheres Erlebnis sein kann.
Dazu zählen die Parkplätze und Wanderwege, die Hinweisschilder und die „Aufpasser“, die uns darauf hinwiesen, wie eine giftige Gaskontzentration gefährlich sein könnte.
Mit dem weiteren Verlauf der Eruption verändern isch gewiß noch die Zuwege, wie es ja auch schon in den letzten Wochen geschehen ist. Die Täler laufen voller Lava und machen auch vor Wanderwegen nicht halt, die vorher zu einem schönen Vulkan-Aussichtspunkt führten.
Falls du also nach Island reisen möchtest, um den Vulkan zu sehen, erkundige dich am besten vor Ort und zusätzlich auf dieser Webseite zum sicheren reisen in Island.
Island und der Scandinavian Travel Codex
Gerade vor einigen Wochen haben ebenfalls mit einigen anderen Nord-Freunden den Scandinavian Travel Codex veröffentlicht. Den haben wir herausgebracht, weil wir uns für verantwortliches Reisen in den nordischen Ländern einsetzen.
Fall du die nordische Natur genauso liebst, schau doch bitte hier vorbei und unterschreib den Codex.
Wir wünschen uns nichts mehr, als dass auch die Natur in Island geschützt wird, wir noch viele Jahre dorthin reisen können, um die Vulkane zu bestaunen, in heißen Quellen zu baden und die Kultur des Landes kennen zu lernen.
Der Vulkan in Island namens Geldingadalir hat uns das Staunen gelehrt, wir sind sehr dankbar dafür. Hast du schon einmal einen aktiven Vulkan in Island oder irgendwo anders erlebt, schreib uns gerne über deine Eindrücke!