Es beginnt wieder die dunkle kalte Jahreszeit. Die nordicfamily schreit „Juhu“ – endlich wieder Nordlichter und erträgliche Temperaturen. Es kribbelt und aufgeregt schaue ich auf meine Aurora Buddy Apps, vielleicht gibt es dies mal auch in unseren Breiten etwas zu sehen. Ich erinnere mich an das Ende der vergangenen Nordlicht Saison in diesem Jahr.
April. Ich bin in schwedisch Lappland und zu Hause ist gerade der Winter vorbei. Hier liegt der Schnee teilweise noch meterhoch und eintausend Meter über dem Meeresspiegel kann man gut Skifahren, die Temperaturen bewegen sich um die null Grad. Die Nordlicht Saison dauert vom Herbst bis in den Frühling, wo meistens Ende März die Nächte schon nicht mehr dunkel genug sind, um die Aurora Borealis gut zu sehen. Hier, zweihundert Kilometer des Polarkreises wird es im Winter schneller dunkel und an manchen Tagen gar nicht hell und im Sommer an anderen Tagen gar nicht dunkel. Der Wechsel der Jahreszeiten ist viel deutlicher spürbar als in Berliner Breiten. Wikipedia erklärt mir, dass die Sonne einen Aktivitätszyklus von durchschnittlich 11 Jahren hat, der aber auch zwischen 9 und 13 Jahren schwanken kann. Angeblich ist das Jahr 2013 ein Peak Jahr. Die Sonnenflecken wechseln häufig und verändern ihre Lage zum Äquator, es gibt unregelmäßige Gas- und Strahlungsausbrüche und Änderungen im Sonnenwind bis zum Auftreten von Sonnenstürmen, auch geomagnetische Stürme genannt. Diese Aktivitäten rufen Polarlichter hervor, die grün bis violett (eher im südlichen Norden) leuchten. Also gibt es diese angeblich in diesem Peakjahr besonders häufig und in den Jahren davor und danach natürlich auch noch. Die Farbe ist zum größten Teil abhängig vom Sauerstoffanteil in der Luft. Ich bin auf der Jagd nach fotografischen Sensationen, schon in Berliner Breiten werde ich beim Alarm meiner Nordlicht App nervös und denke, dass ich etwas verpassen könnte, weil ich jetzt nicht im Norden bin und wäge sorgfältig, je nach angezeigtem KP Index auf der App, ab, ob ich doch noch eine dunkle Gegend in Brandenburg aufsuchen sollte, um vielleicht ein brandenburgisches Nordlicht zu erhaschen. In schwedisch Lappland gelang es mir im Januar Nordlichter zu fotografieren. Es war fast die dunkelste Zeit im Jahr und selbst in einer lichtverschmutzten Stadt wie Kiruna konnte ich ein Nordlicht erspähen und etwas außerhalb der Stadt auch fotografieren. Mittlerweile ist es April und nachts ist es gerade mal eine Stunde so richtig dunkel. Ansonsten ist der Himmel immer etwas zu hell. Trotzdem ist mein Jagdfieber ungebremst und mir gelingt es, in einer wolkenfreien Nacht eine Aurora Borealis, so der wissenschaftliche Name für die farbigen Lichterscheinungen am nördlichen Himmel, zu fotografieren. In Schwedisch Lappland ist es möglich, auf verschiedene Art und Weise Polarlichter zu entdecken. Vielerorts gibt es geführte Exkursionen auf Pferden, Hundeschlitten, Rentierschlitten oder Scootern. Meist fahren die Guides zu tollen Plätzen abseits jeglicher Lichtverschmutzung mit guter Aussicht auf den nördlichen Horizont. Sind die Guides selbst fotoaffin, legen sie Wert darauf, dass diese Exkursionsorte noch ein bißchen mehr bieten.
Die Belichtung und der Vordergrund
Unerläßlich bei der Nordlichtfotografie ist ein Stativ, denn es ist notwendig, lange Belichtungszeiten zu wählen, während der man die Kamera nicht mehr still in der Hand halten könnte. Gut ist es, wenn man an einer Kamera möglichst viele Parameter manuell einstellen kann und so durch einiges Probieren die ideale Kombination aus Blende, Belichtungszeit und Empfindlichkeit einstellen kann. Dank der modernen Technik, kann man meist auf dem Display kontrollieren, ob die Belichtung gelungen ist. Abhängig vom Rauschverhalten der Kamera bei hohen Iso Zahlen, könnte man Empfindlichkeiten bis 18000 iso und mehr einstellen und mit einer recht kurzen Belichtungszeit fotografieren, was zur Folge hat, dass man die dynamische Form der Lichterscheinungen gut abbilden kann. Aber auch Belichtungszeiten von 25 bis 30 Sekunden ergeben reizvolle Lichtsituationen, in dene zb. der Mond als Lichtquelle noch die umliegende Landschaft beleuchtet. Für die meisten Motive ist es nämlich interessanter, noch ein Objekt außer dem Polarlicht abzubilden. Ein Baum im Vordergrund, eine Bergkette oder ein spiegelndes Gewässer machen das Bild zu einer noch besseren Komposition.
Der Nordlichtfotograf Peter Rosèn
Professionelle Fotografen, wie Peter Rosen kennen solche Orte, wo es einfacher ist, gut komponierte Nordlichtbilder zu machen. Leider gibt es jetzt Mitte April keine geführten Nordlichttouren mehr. Deshalb treffe ich Peter Rosen, einer der führenden Nordlichtfotografen Schwedens bei sich zu Hause zu einem Interview. Natürlich zeigen die Panoramafenster seines Hauses eine wahnsinnige Aussicht über Abisko und den Torneträsk. Im Hintergrund läuft das Internet, immer ein Auge auf die Aurora forecasts des Internet. Ein Magnetogramm steht in Kiruna und gibt live die Erschütterung des Magnetfeldes wieder. Dann ist der eigentliche Wetterbericht bedeutend, um zu wissen, ob es in naher Zukunft einen wolkenfreien Himmel geben könnte. Seit 15 Jahren lebt er in Abisko und lebt mit der Polarnacht, dem Polartag und all den Randerscheinungen. Touristen aus Australien, Hong Kong, Singapur und China buchen Nordlichttouren mit ihm, um spektakuläre Fotos mit nach Hause zu nehmen. Die Peakzeit der Sonnenaktivität hat ihm in den letzten 2 Jahren 400 % mehr Gäste geliefert. Ist es mal bewölkt oder kein Nordlicht in Aussicht, sitzt man gemütlich in einem Lavvu, einem samischen Zelt, oder in einem Iglu und erzählt über die Bräuche und Traditionen der Samen und die wissenschaftlichen Hintergründe der Lichterscheinungen am Himmel. Peter Rosen wechselte erst 1996 aus der Klimaforschung kommend zu seiner Leidenschaft und machte die Fotografie zum Hauptberuf. Als jemand, der in einer Gegend lebt, kann er Aufträge fotografieren, die Situationen oder Landschaften in den verschiedensten Lichtsituationen zeigen. Er kennt die Orte, die zu den verschiedenen Jahreszeiten einen besonderen Charme ausstrahlen und die Abläufe im Alltag der Urbevölkerung mit ihren Rentieren. Dazu hat er seit über 20 Jahren kontinuierlich sein Bildarchiv bei Lapland Media aufgebaut.
Sound der Nordlichter
Ich frage neugierig, ob er denn schon mal einen Sound gehört hat, während er Nordlichter beobachtet hat. Er verneint und erzählt aber von anderweitigen Berichten, nach denen wohl Leute schon wie ein Knistern an Elektrodrähten, ein Knacken oder auch ein Krachen gehört haben. Das Geräusch entsteht, angeblich nicht dort, wo das Leuchten entsteht, sondern eher 70km über der Erde, wie finnische Forscher herausgefunden haben. Es ist wissenschaftlich noch nicht ganz zu erklären und war bisher auch lange ein Mythos, bis es einmal in Finnland wirklich gemessen wurde.
Wolken und Nordlichter
Allzuoft waren mir schon die Wolken im Wege. Alle virtuellen Vorhersagen versprachen ideale Bedingungen für das Auftreten von Nordlichtern. Sie waren bestimmt da, nur die Wolken leider davor. Der Ort Abisko in Nordschweden ist diesbezüglich auch nochmal ein idealer Ort, da ein Mikroklima ein „blue hole“ erzeugt, erklärt Peter Rosen. Die Wolken bleiben einfach hinter den Bergen auf der anderen Seite des Torneträsk. Abisko ist deshalb der trockenste Ort Schwedens. Auf der anderen Seite der Berge herrscht eine Regenwahscheinlichkeit von 80%. Das Buch Aurora Borealis in Lappland ist ein inspirierender Bildband mit großformatigen Fotografien von Peter Rosen. Kurze Texte über diese faszinierende Naturerscheinung und atemberaubende Fotos wurden in den Büchern in drei Sprachen herausgebracht. So nehme ich wenigstens diesen kleinen Schatz mit nach Hause, um bis zum Herbst durchzuhalten.
Schöner Artikel.
Ich erinnre mich immer noch an meine Zeit in Lappland damals wenn die Gäste probierten mit Blitz Nordlichtfotos zu machen und man mit dem Stativ daneben stand und nur meinte „Bitte, nicht blitzen“ … während ich selber grade länger belichtet habe 😉
Wenn man es erst einmal entdeckt hat, was die Kamera bei langen Belichtungszeiten alles „sieht“… gerät man richtig in einen Forscherdrang, stimmts?
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