Große Flugzeuge und eine Menge Vorfreude bringen mich und meinen Freund Thomas zum Silverskate Festival in Edmonton in Kanada. Zu Mitte Februar wurden wir nach einer Bewerbungsphase im Herbst mit 4 anderen internationalen Teams und vier kanadischen Teams eingeladen, eine Schneeskulptur Idee in Edmonton umzusetzen.
Über die Vorbereitungen habe ich ja schon berichtet.
Eine lange Skizzenphase und eine Woche Modellieren mit Gips und Ton gingen unserem Ausflug voran.
Anreise nach Kanada zum Silverskate Festival in Edmonton
Jetzt aber sind wir spät am Abend in Edmonton eingetroffen. Der Tag ist sieben Stunden länger als bei uns. Während wir gegen Mittag mit der Lufthansa in Berlin starteten, war es erst abends als wir hier ankommen. Für unseren Biorhythmus ist es mindestens früh am Morgen. Wir merken das besonders, als wir sehr gehetzt über den Flughafen in Montreal eilen, dort müssen wir unser Gepäck abholen, die Einreiseformalitäten erledigen. Zum Glück haben wir vorher vom heimischen PC aus die ETA erledigt. Der Zwischenaufenthalt ist nur kurz, so dass wir die letzten hundert Meter rennen müssen.
Die Planug unserer Flüge (Gabelflüge) zum Silverskatefestival in Edmonton habe ich diesmal in die Hände eines Reisebüros gelegt und fand, dass es auch eine gute Arbeit geleistet haben. Selbst ist es mir nicht gelungene, preiswertere Flüge zu finden. Der einzige Wehrmutstropfen an unserem Lufthansaflug war, dass Thomas seine Geige nicht mitnehmen konnte. Zu lang fürs Handgepäck. Er hätte einen extra Sitzplatz für über 500 Euro kaufen müssen. Da fragt man sich doch, wie Orchestermusiker bei professionellen Auftritten die Sache lösen.
Am Flughafen in Edmonton ein schönes Erlebnis: Ein Fahrer mit einem Schild mit meinem Namen drauf. Der bringt uns zum Hotel nachdem wir durch breite Straßen und durch die Nacht ins Zentrum von Edmonton gefahren sind. Das schnucklige Varscona Hotel ist unser. Es ist erleichternd, jetzt mindestens acht Stunden Schlaf bekommen zu können, bevor wir uns an die Arbeit machen. Wir fallen in die breiten weichen Betten nachdem wir uns zunächst noch eine zweite Bettdecke besorgen mussten. Das typisch amerikanische Eindeckensystem im superbreiten Bett passte uns gar nicht.
Es ist noch dunkel draußen, als ich einigermaßen hellwach meine Augen öffne. Puh, der Jetlag hat zugeschlagen, ich kann nicht mehr einschlafen. Surfe ein bisschen im Internet. Schließlich ist es zu Hause schon Mittagszeit. Hier gibt es noch nicht einmal Hotelfrühstück, so früh ist es. Eine kleine Kaffeemaschine im Zimmer lindert den Schmerz. Als es dann endlich 7.30 Uhr Ortszeit in Edmonton ist, nehmen wir den Fahrstuhl in die Frühstückslounge.
Gleich lacht uns unsere Schneekollegin Friederike entgegen. Friederike empfahl uns im letzten Winter, als wir sie in Kiruna trafen, doch mal nach Kanada zu den Schneeskulptur Symposien zu fahren. Nun kommt es auch noch besser, dass sie uns bei der Arbeit helfen kann, ist ein Glück. In einem Dreier Team schafft man es in 3 Tagen viel besser, einen Würfel von 2,50 Meter Kantenlänge zu bearbeiten. Wie frühstücken und sie erzählt vom Stand der Dinge.
Alle anderen Teams sind auch irgendwie im Hotel präsent und ein Fahrer fährt uns dann zum Platz des Geschehens. Das Festivalgelände ist der Hawrelak Park am Flussufer des Saskatchewan River. Ein großer Teich lädt zum Schlittschuhfahren ein und die zweiwöchige Veranstaltung bietet für jeden verschiedene Winteraktivitäten. Hier kann man sich wieder wie ein Kind auf die frostigen Tage im Februar freuen. Ob man nun Schlittschuh fährt, die Feuerskulptur allabendlich bewundert oder als Winter Triathlet den Winter sportlich genießt.
Der Beginn der Schneeskulptur Arbeit beim Silverskate Festival in Edmonton
Zwischen den 8 Schneewürfeln angekommen, losen wir die Nummern, also die Positionen aus. Das ist spannend. Auf Anhieb sehe ich jedoch keinen Platz, der besonders vorteilhaft wäre.
Wir schleppen unsere Werkzeugtasche mit den selbstgebauten Tools zu unserem Platz und schnappen uns noch ein paar Spaten und Dinge, die zur Verfügung gestellt werden. Mittels einer Leiter gelangen wir auf die Höhe von 2,50m und schießen ein Startfoto nachdem auch die Actioncam in Position gebracht ist. Als ich das erste Mal nach dem Anzeichnen einen Spaten in die Hand nehme und versuche, eine „überschüssige Ecke“ abzustoßen, traue ich meinen Kräften kaum. Die Blöcke sind zu Eis gefroren. Dabei ist es nicht viel unter null Grad. Wahrscheinlich haben sie hier aber schon eine Weile gestanden. Oje das wird harte Arbeit.
Bald eröffnet uns Ritchie Velthuis jedoch, dass wir Motosägen benutzen dürfen. Wir sind erleichtert und freuen uns ein weiteres Mal, dass es hier keinen Wettbewerb, sondern eher ein kollegiales Zusammenarbeiten alle Beteiligten gibt. Jeder hilft jedem, es wird Werkzeug verliehen und vor allem gibt es keinen Gewinner und Verlierer. Unter wettbewerbsähnlichen Zuständen kann ansonsten ja keine Kunst entstehen.
Nach den ersten Stunden intensiver Arbeit treffen sich alle Teams in bereitgestellten Caravans zu warmer Suppe und Brot. Es ist etwas frostig draußen und die Wangen glühen, wenn wir im warmen sitzen. Auf Englisch wird sich ausgetauscht über verschiedene Schnee- und Eisprojekte.
Hui, wenn man zu lange gesessen hat, kommt auch ganz schlecht wieder hoch, aber was soll’s. Für die Fertigstellung meiner Skulpturidee „Organic Space“ haben wir hier nur zweieinhalb Tage Zeit. Also geht es wieder ran an die Arbeit.
Die Arbeit mit der Kettensäge im Schnee macht super Spaß. Thomas leistet am meisten Kettensägenarbeit und hat am Abend Schmerzen in der Hand und nachts eingeschlafene Finger. Was für Opfer für die Kunst.
Nach dem zweiten Kaffee aus der Thermostasse färbt sich am späten Nachmittag der Himmel pink und die Sonne geht unter. Auf das Festivalgelände strömen immer noch Menschen.
Free Will Fire beim Silverskatefestival in Edmonton
Hier gibt es nämlich pünktlich um 19.45 Uhr eine Prozession zu bewundern. Kostümierte Figuren begleitet von Laternen schreiten einen langen Parkweg bis zu einem abgesperrten runden Platz entlang. Dort wurde über den Tag schon eine große Holzskulptur aus Paletten, Brettern und anderem Holz errichtet. Als der König ein paar Worte verloren hat, stimmt die Menge urig ein „Burn it, Burn it, Burn it“ Bald zügeln gelbe und rote Flammen am Rand der Skulptur entlang im Feuerschein sieht man nur noch die Silhouetten eines heulenden Hundes. Das Feuer ist bestimmt 20 Meter hoch und der Kreis von Menschen hat sicherlich einen Durchmesser von mindestens 100 Metern. Es ist ein gigantisches Schauspiel, was nach wenigen Minuten schon wieder seinen Reiz verloren hat. Stattdessen schlendern wir noch über das Festivalgelände und sehen die Lichtklangnacht auf kanadisch. In Sträuchern und Bäumen hängen Lichtobjekte. Vieles hat einen Bezug zum Meer, obwohl Edmonton weder am Meer liegt, noch an den großen See. Fische, Korallen und abstrakte Formen sind skulptural verarbeitet und beleuchtet. Ein wundervoller Traum, den ich jedem empfehlen kann.
So ähnlich gehen die nächsten zwei Tage vorüber. Das Wetter wird wärmer und die Arbeit an der Skulptur verändert sich. Vorsichtiger tasten wir uns an die genaueren organischen Formen heran.
Man kommt mit den anderen Künstlern ins Gespräch und langsam wird alles lockerer und schöner. Sogar die Bearbeitungszeit wird um einen halben Tag verlängert. Das hatte mit der schwierigen Anfangssituation zu tun.
Es ist schön zu sehen, wie sich aus dem Schneeklotz langsam die Skulptur erhebt. Mich fasziniert, dass ich nicht mehr an meiner Grundidee kleben, ganz im Gegenteil bringt unser drittes Teammitglied Friederike viel von ihrer „Sprache“ mit ein. Sie arbeitet sonst im französischen Team, das schon vielerorts sehr differenzierte abstrakte Formen aus Schnee erschaffen hat.
An Tag 2 und 3 werden Raspeln und feinere Werkzeuge benutzt, um die organischen Formen zu definieren. bis wir am Samstagnachmittag beschließen, dass „Organic space“ vollendet ist. Als es dunkler wird, positionieren Mitarbeiter Scheinwerfer um die Skulpturen und leuchten diese aus.
Alle Künstler trinken und essen gemeinsam an einem Abschlussmahl im Caravan und freuen sich an dem gemeinsam geschaffenen Skulpturenpark. Endlich kommen wir auch einmal mit den anderen intensiver ins Gespräch. Alle spazieren dann ein letztes Mal gemeinsam zum zentralen Platz mit der Feuerskulptur. Der König verkündet, welches Team den Publikumspreis gewonnen hat: Ein kanadisches Team mit traditionellen Motiven zur 150 jährigen Geschichte Kanadas. Mein Favorit ist der „Starcrush“ des norwegisch-holländischen Teams.
Heute am Festivalsamstag, sind unglaublich viele Menschen auf dem Silverskate Festival in Edmonton unterwegs. Am Morgen starteten Dutzende Menschen mit Schneeschuhen ein Wettrennen, gegen Mittag versammelten sich viele Männer, um mit Fatbikes loszuradeln und immer wieder sieht man Schlittschuhfahrende Familien auf dem kleinen See im Park. Um die Tipis herum herrscht reges Treiben und an vielen Stellen brennt ein Lagerfeuer.
Unsere Skulptur „Organic Space“
Das Icecastel beim Silverskatefestival in Edmonton
Ein gigantische Sehenswürdigkeit ist das Icecastle im Park. Mit fließendem Wasser aus vielen Wasserdüsen wurde ein riesiges Eisbauwerk mit verzweigten Gängen errichtet. Eine Rutsche aus Eisplatten und ein Gang wie in einem Gletscher, ein Thronsaal und eine Bar sind auch darunter. Die Farben des Eises in der Sonne gegen den blauen Himmel sind so Gletscherartig, dass ich gar nicht wegsehen kann. Hinter den Eiszapfen verbergen sich kleine Eiswelten, verschlungene Gänge und grünlich, blaue Farben, die im Licht schimmern.
Die West Edmonton Mall
Am letzten Tag des Edmontons Aufenthalts haben wir noch viel Zeit, um die Gegend zu erkunden.
Der Fahrer des Festivals bringt uns zu Les Valley, einem Paradies für Werkzeugfreunde und danach zu der damaligen weltgrößten Einkaufsmeile West Edmonton Mall. Im Werkzeugladen finden wir einen engagierten älteren Mitarbeiter, der uns verschiedene Schnitzwerkzeuge hinten in der Werkstatt erklärt und vorführt. Hier findet man Teile, Klingen und Schaffte, um sich seine Tool selber zusammen zu stellen. Sowohl historische Dinge, als auch hypermoderne Werkzeuge für die Holzbearbeitung. Der Fahrer gab uns eine halbe Stunde, das war vielleicht auch gut so, sonst hätten wir wohlmöglich noch Geld ausgegeben.
Nächste Station ist die West Edmonton Mall. Dies ist eine kleine Stadt mit Vergnügungspark und Spaßbad inklusive auf mehreren Etagen. In dieser Shoppingmall sind heute nicht viele Menschen unterwegs, wir schlendern, schauen in Technikläden, bestaunen die Größe, die Eisbahn, das Schwimmbad, die Achterbahn – alles indoors. Gigantische Ausmaße. Zu Mittag essen wir in einem Foodcourt asiatisch und können es gerade noch vermeiden, in eine Achterbahn einzusteigen. Wir haben Spaß daran ein paar andere erwachsene Menschen beim Fahren zu beobachten. Wir sind beeindruckt.
Nachmittag treffen wir Friederike und ihr Team und den künstlerischen Leiter des Silverskate Festivals nochmal auf einen Kaffee. Mir fällt wieder auf, dass es immer und immer wieder die menschlichen Begegnungen sind, die solche Reisen ausmachen. Es ist so schön, sich über die Kunst und Musik verbunden zu fühlen und darüber zu plaudern. Dass Thomas nun doch seine kleine Guitalele überall dabei hatte.
Wir werden dann zum Flughafen gebracht und fliegen am Abend nach Winnipeg zu unserer zweiten Station für eine weitere Skulptur beim Festival du Voyageur.
Vielen Dank an die Destination Canada und das Deutsche Generalkonsulat in Toronto für die Unterstützung der Reise. Vielen Dank Ritchie für die Einladung zum Schneeskulpturen Symposium beim Silverskate Festival in Edmonton. Wir bekamen von der Marke Blåkläder, Baffin und Buff Ausrüstung zur Verfügung gestellt und testeten sie beim Arbeiten. Ebenso war Woolpower unser ständiger Begleiter.
Was ich ein Jahr später 2018 in Edmonton erlebte, erzähle ich hier.
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