Das beste im schwedischen Sommer sind die vielen Badestellen, auch Badplats in Schweden genannt.
Schon im Frühsommer 2018 ist es so warm, dass wir während des Shortsabbaticals Dutzende von Badestellen in Schweden ausprobierten und fast jeden Tag in einen anderen See hüpften. Einige unserer Lieblings-Badplatsen möchte ich hier heute vorstellen und vom großen Glück berichten, wenn man sich von einem See zum nächsten treiben lässt.
Badplats im Nirgendwo
Während unseres Shortsabbaticals machen wir über zwei Wochen lang Station in der schwedischen Provinz Västergötland. Diese liegt nordwestlich von Småland zwischen Göteborg und Jönköping.
Als normaler Tourist würde man eventuell vermuten, dass es dort außer Landschaft keine großen Sehenswürdigkeiten gibt. Dieser Blogpost und auch die folgenden erzählen vielleicht von einer besonderen Art der Attraktion. Wenn eine Landschaft einlädt, sich treiben zu lassen und einen See nach dem anderen zu entdecken, ist dies schon eine Attraktion für sich – finden wir jedenfalls.
Die folgenden Ortsbeschreibungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und sind fern jeglicher objektiven Qualitätkriterien. Hier gibt es nämlich nur etwas über die wirklich besten Badplatsen – Badestellen zu lesen.
Trädet und ein Badplats am Fluss Ätran
Eines schönen Nachmittags, bei über 20 Grad Mitte Mai schwinge ich mich mit dem Kleinen aufs Rad, um Richtung Norden zu radeln. Die kleinen Ortschaften hier in Südschweden sind nicht nur durch eine gut ausgebaute Landstraße verbunden, sondern auch etwas abseits vom Autolärm mit einem himmelglatten Asphaltradweg. Den durfte ich auch schon auf Skirollern testen.
An diesem Tag brechen wir aber mit Rädern auf, um etwa sechs Kilometer zu einer Badestelle in Trädet zu gelangen. Am Randes des asphaltierten Radweges schäumt die Natur über. Wir sammeln die kleinen grünen spitzen von Fichten, daraus kann man später Tee machen und sie duften so herrlich, wenn man sie pflückt und trocknet.
Nach einer halben Stunde und einer ausgelaufenen Trinkwasserflasche treffen wir in dem kleinen Örtchen ein. Hier entdecke ich auch zum zweiten Mal so etwas wie einen Campingplatz, der für Wohnmobile oder auch Zelte ausgelegt und anscheinend von der Gemeinde in Schuss gehalten wird. Man darf hier frei stehen und die Nacht verbringen.
Wir schlängeln uns aber links vom Weg durch hohes Gras und etwas Gebüsch bis wir das Flussufer erreichen. Herrlich: Vögelgezwitscher, Stille, keine Menschen. Morten geht nackig baden und ist auch gleich auf der Suche nach Krebsen.
Ein Rettungsboot liegt am Ufer und mehrere Picknicktische stehen auf der gut gemähten Wiese zwischen Wasser und rotem Holzhaus, was als Umkleidehaus dient. Ich setze mich an den kleinen Picknicktisch und skizziere in mein Aquarellbuch das fette grün mit den gelben Löwenzahnblüten. Plötzlich taucht ein älteres Wohnmobilpärchen auf und ich höre ein paar Deutsche Wortfetzen – richtig schön hier. Ich sage: Das finden wir auch. So kommen wir ins Gespräch und ich hören, dass das Pärchen sich nun endlich nach vielen Jahren, die sie durch Schweden „gerast“ sind , die Zeit nimmt, hier langsam durchzubummeln, um solche Orte zu entdecken.
Ja irgendwie ist das schon sehr luxuriös, diesen Nachmittag hier so allein an dem klaren Flüsschen zu verbringen.
Blidsberg –eiskalter Fluss Ätran mit leichter Strömung
Mein absoluter Lieblings Badplats liegt am Rande des kleinen Örtchens Blidsberg. Das letzte Stück Schieben wir mit dem Fahrrad über einen Wiesenweg. Rechts von uns blüht Mitte Mai der Löwenzahn im prächtigsten Gelb, eine Woche später stehen die Pusteblumen dicht an dicht und Morten muss vor und nach dem Baden einen Strauß der samtig weichen Blüten in die Luft blasen.
Die Fahrräder lehnen wir an einen Holzzaun gegenüber des roten Holzhäuschens mit Rettungsring. Hier kann man sich umziehen, außerdem gibt es ein gepflegtes Plumpsklo. Die eigentliche Badestelle ist prima gemäht, ein Steg führt über das Gras zum Wasser. Ich vermute, dass er später im Sommer weiter ins Wasser verlegt wird. Wir ziehen uns aus und steigen vorsichtig in das kristallklare Wasser.
Es zwickt empfindlich. Hier in so einem Fluss ist es definitiv kälter als in einem kleinen Dorfsee. In der Mitte sehe ich eine Strömung, beim Baden, Toben, Schwimmen achte ich darauf, dass mein kleiner Morten der Strömung nicht zu dicht kommt. Er genießt es, hier zu toben. Aber ganz besonders interessant ist eine kleine Sandbank und eine Miniinsel mit einem Baum im Fluss. Hier finden sich in den Wurzelbereichen Krebse und anderes Kleingetier. Im Hochsommer werden hier richtig große Krebse gefangen und wie in Bullerbü finden große Krebsessen statt Kräftorskiva.
Dalum – Sprungturm und Dorfjugend
In Dalum muss jeder Jugendliche mal gewesen sein. Hier ist ein verunfalltes Schrottauto einige Tage lang die Attraktion für die Kinder. Jeden Tag ist es etwas mehr verändert. Platte Reifen, eingeschlagene Scheiben… den kleinen Jungs steht der Mund offen und sie malen sich die wildesten Geschichten aus. Als dann schließlich das Abschleppauto kommt, stehen ein Dutzend Kinder in Badehosen drumherum und staunen. Die Abschleppleute erklären in aller Seelenruhe, wie sie das Ding mitnehmen und was jetzt passiert. Nur eine kleine Geschichte am Rande der Bullerbü Idylle.
Dann geht es schleunigst wieder hinunter zum Sprungturm. Ja hier in Dalum gibt es einen Zweimeter und Dreimeter Sprungturm. Der lange Steg liegt Mitte Mai noch am Ufer und wird Ende Mai auf dem Wasser installiert. Der kleine Dorfsee wird von vielen Jugendlichen aus der Umgebung frequentiert. Trotzdem ist es verhältnismäßig ruhig und man kann nicht sagen, dass hier Party People unterwegs sind.
Wir machen es uns auf der leicht abfallenden Wiese am Ufer gemütlich, breiten Picknickdecken aus und beobachten die kleinen im flachen Uferbereich. Super geeignet für Kleinkinder und für die anderen, 20 Meter weiter, wo die Sprungtürme warten. Morten ist hin- und hergerissen und springt auch schon mal vom Steg und schwimmt zurück zum Ufer. Ich habe ein bisschen Bedenken, ob er es schafft, soweit zu schwimmen und freue mich, dass er es gut schafft – und das gleich ein paar Mal. Super Training!
Der Weg von der Hauptstraße zum Badsplatsen Dalum ist abenteuerlich, denn die Sandpiste ist sehr hügelig. Ein Juchzen und Jauchzen auf den Rücksitzen, wenn wir den Weg entlangbrausen und die nassen Haare noch im Nacken kleben.
Badplats Hökerum – und still ruht der See Stora Björksjön
Der große See in Hökerum liegt abseits der Zivilisation. Landstraßen schlängeln sich durch Västergötland und irgendwann nach dem wir ein paar rote Holzhäuser passiert haben, urige Holzskulpturen an den Straßenrändern bewundert haben erreichen wir den Parkplatz am der Badestelle des Stora Björksjön. Weite, Stille, Birken am Ufer. Klares Wasser, ewig lang wird es nicht tief. Aber nach 100 Metern nehme ich endlich ein paar Schwimmzüge in der Abendsonne.
Dann setze ich mich noch plitschnass auf den Steg und greife zur Gitarre, besser gesagt zur Gitalele. In diesem Shortsabbatical war sie immer mit dabei. Wie schön, dass ich mich mal wieder dran gewagt habe, Lieder zu Klimpern. Picknick auf dem Steg, der hier auch noch am Ufer liegt und ein Uferspaziergang gehören dazu. Die Kleinen entdecken die steile Böschung und Boote, die am Ufer vertäut sind. Abenteuergeist und Entdeckerlust um eine Uhrzeit, wo die Kollegen zu Hause schon im Bettchen sind.
Der See in Hökerum hat eine Weite und Einsamkeit, wie ich sie vorher selten gesehen habe. Hier hat meine Freundin den Gedanken geprägt: mit Euch deutschen Freibädern werde ich nicht mehr warm.
Egal an welchen Seen wir hier bei sommerlichen Temperaturen baden gehen, nie sind mehr als eine Handvoll Leute mit uns da.
Ulricehamn – Stadtpark zum Baden am See Åsunden
Ulricehamn hat knapp zehntausend Einwohner und alles, was man so in einer Kleinstadt braucht, eine schöne Einkaufsstraße, ein Skisportzentrum, einen schönen großen See. mit vielen Badplats. Nach einem Stadtbummel und einem Kaffee in der Stadt, bummeln wir über die Uferpromenade des Åsunden zu einem tollen Spielplatz. Waghalsige Rutschen, Karrussels und Seilrutschen reizen die Kinder. Aber auch eine schöne Badestelle mit Rasen lädt zum Verweilen ein. Auch hier wieder ein Parkplatz mit einigen Wohnmobilen und der offiziellen Erlaubnis hier zu campen. Ein idyllischer Platz unweit von den Annehmlichkeiten der Stadt.
An einer kleinen Bude kaufen wir Slush – das süße Eisgetränk ist der größte Wunsch aller Minderjährigen in unserer kleinen Ausflugsrunde. Aber irgendwas haute mit der Eismaschine nicht hin, es ist purer Sirup – etwas gefroren. Trotzdem lümmeln wir gemütlich auf großen Sitzsäcken und schauen den plätschernden Wellen zu. Hin und wieder schwimmen ein paar Boote auf dem großen See vorüber.
Skottek – Åsunden Sandstrand mit Camping
Wie der zwei Badestellen, die wir auf einer Radtour entdecken. Mit dem Fahrrad geht es den Asphaltweg von Ulricehamn am Seeufer nach Süden. Ein Eis ist versprochen und wird gehalten. Und zwar weht die erste Eisfahne an einem Zeltplatz. Dort finden wir schnell die Eistruhe, Morten wählt ein Eis aus und in tiefstem Österreicherisch schallt es uns entgegen: Der junge Mann weiß, was er will. Ja, der Österreicher auf dem Campingplatz Skottek arbeitet hauptsächlich im Sommer hier. Er zeigt uns auch schnell den Weg zum Strand.
Ein paar Meter die Straße hoch, Fahrräder anlehnen und eine steile Treppe zum weißen Sand hinunter steigen. Hier sind einige Menschen, die es sich gut gehen lassen. Es gibt ein Volleyballfeld und wirklich zuckerweichen Sand. Morten baut sogleich Kleckerburgen. Heute bemerke ich das erste Mal kleine Schwärme von Mücken. Sie sind unangenehm, stechen aber nicht. Später bei der Weiterfahrt mit dem Fahrrad muss man den Mund zu machen und aufpassen, dass man keine Viecher ins Auge bekommt. In anderen Teilen Südschwedens soll es gerade eine Mückenplage geben. Na schönen Dank auch.
Einsames sandiges Ufer in Marbäck am See Åsunden
Wir radeln weiter vom Campingplatz Skottek anch Süden und folgen schließlich einem kleinen Schild mit „Badplats“ und kommen an ein einsames Ufer. Wieder viel Sand und wenig Leute. Außerdem Grillstellen und ein kleiner Spielplatz mit Reifenschaukeln. Das Wasser ist wieder sehr flach, viele Meter kann man hineinspazieren ohne wirklich nass zu werden. Dass gelingt mir natürlich mit meinem kleinen Wasserdrachen nicht.
Im Laufe des Nachmittags bauen wir ein umfangreiches Sandkunstwerk aus Schilfhalmen, Sand und Lärchenzapfen. Dann radeln wir zurück, an einer Kreuzung stehen zwei Schweden, wir halten an und kommen ins Gespräch. Sie sehen gut ausgerüstet aus, wie Radreisende, die wissen was sie tun. Tatsächlich probieren sie gerade auf Teststrecken herum. Sie wollen im Sommer Schweden von Süden nach Norden durchradeln. Wie inspirierend, das würde ich auch gerne mal machen.
Fazit: Badplats in Schweden
Baden, Blaubeeren essen und Krebse fangen.. das kennen wir aus Bullerbü. Wir haben viele unterschiedliche Badestellen an kleinen und großen Seen kennengelernt. Ich schätze sehr, wie hier das Baden kultiviert wird, bzw. der Zugang zur Natur allen ermöglicht wird, in dem Badestellen super gepflegt und sauber sind, gut erreichbar und erschlossen. Und anscheinend gibt es im Verhältnis zur badewilligen Bevölkerung so viele Badestellen Badplats, dass wir es nirgends überfüllt, im Gegenteil meistens sehr einsam erlebt haben.
Eigentlich könnte man mal einen ganzen Schwedenurlaub nur mit dem Auskundschaften verschiedener Badestellen organisieren Wäre vielleicht mal eine neue Idee für einen Reiseführer zum Thema Badplats.
Interessantes Thema 🙂
Was auch schön ist, dass man auf dem einen Foto einen kleinen Einblick in deine Skizzen bekommt.
Viele Grüße, Andi