Bei neunjährigen Mädchen und ihren Geburtstagsparties stellt man sich meistens eine „Pferdetorte“ und Karaoke vor. Nicht bei der Nordicfamily. Für ein Frühlingswochenende reservierten wir zwei Flöße von Huckleberrys Tours in Potsdam.
Nun ist es soweit, Campingkrempel, Kuchen und warme Klamotten liegen in Bergen am Steg in der Schiffbauergasse in Potsdam. Die Eltern der Gäste verabschieden sich teilweise mit sorgenvollen Blicken und mit der Ermahnung, setz deine Mütze auf, wenn ihr da draußen im kalten Wind seid.
Es ist tatsächlich recht mild, wenn man geschützt in der Sonne steht und ungleich kühler auf dem Wasser.
Gepäckverstauen und starten mit den Flößen von Huckleberrys Tours
Schnell ist alles in die Kisten auf dem Floß verstaut. Wir haben ein paar Luxusartikel mit gebucht, die stehen auch schon für uns bereit: eine kleine Trockentoilette, einen Grill mit Kohle, eine Geschirrkiste und Positionslampen für Nachts.
Ein junger Mann weist Christian und mich in die Charakterzüge des Gefährts ein, wir bekommen noch einmal den Motor erklärt und die wichtigsten Regeln auf dem Wasser.
Am Tag zuvor hatte ich mir zur Vorbereitung auch schon ein dreizehnminütiges Einführungsvideo angeschaut. Das spart in dem Moment Zeit. Die 4 Kids sind auch schon hibbelig und losfahr bereit. Wir müssen sie noch um ein paar Minuten Geduld bitten. Puh, ich kann das aber auch verstehen. Das Floßabenteuer soll endlich beginnen.
Die Sicherheitsleine ist eingesteckt, der Chok gezogen und die Reißleine betätigt, der Motor heult auf und tuckert dann im Standgas ein bisschen vor sich hin. Perfekt. Jetzt heißt es noch, rückwärts von dem Parkplatz heraus manövrieren. Viel Verkehr ist auf den Wasserstraßen erst mal noch nicht um diese Jahreszeit. Vier neunjährige positionieren sich gemütlich mit ihren dicken roten Schwimmwesten auf dem Sonnendeck der Flöße und genießen das Tuckern über den Tiefen See in Potsdam. Für mich hinten am Motor ist es auch ganz entspannt. Ich schaue in die Ferne und stehe dabei auf eine der hinteren Kisten und kann dabei über das Flossdach schauen. Die Zwei Gefährte schwimmen manchmal voreinander manchmal nebeneinander und die Passagiere winken einander zu. Auch sonst muss man hier und da anderen Menschen am Ufer und auf anderen Booten zuwinken. Eine schöne Tradition.
Anlegen und Pause machen während der Floßfahrt mit Huckleberrys Tours
Bald sind wir auf der Havel und umrunden die Freundschaftsinsel. Die Silhouette Potsdams sehen wir nun aus einer ganz neuen Perspektive. Wir umrunden noch die Halbinsel Herrmannswerder und gelangen dann in den Templiner See. Dort finden wir eine schöne Bucht zum Aussteigen. Nur das Anlegemanöver am nicht befestigten Ufer ist schwieriger als gedacht. Die Flöße haben nämlich sechzig Zentimeter Tiefgang und sitzen schnell im Sand auf. Kapitän Nummer eins springt mutig ans Ufer und schlingt eine Leine um einen Baum nachdem er das Floß noch ein paar Zentimeter ans Ufer herangezogen hat. Die Kids rennen drauf los, klettern auf Bäume und beschäftigen sich mit dem mitgebrachten Pfeil und Bogen. Die Sonne scheint durch das frische Grüne Blätterdach der Bäume auf die Sonnendecks. Zeit zum Verschnaufen für die zwei erwachsenen Bootsführer.
Ich hab einen Campingkocher eingepackt, mit dem wir uns einen frischen Kaffee aufbrühen. Wie ich das liebe, Gefühl von Freiheit und Luxus in der Natur. Wir stellen fest, dass der Geburtstagskuchen im Floß weggeputzt wurde und nur noch ein paar Krümel übrig sind. Da war wohl eine kleine Meute sehr hungrig. So halten wir uns an die anderen mitgebrachten Dinge. Zum Kaffee schnurpsen wir Möhren und Mairübchen und reden über Gott und die Welt während im Hintergrund helles Kinderlachen und Kichern zu hören ist. War das so in den Geschichten mit Huckleberry Finn?
Ich hätte mal noch so ein Buch darüber einstecken sollen.
Die Tröte bläst wieder zur Abfahrt, denn wir wollen einen schönen Ankerplatz für die Nacht finden.
Während am Ufer des Templiner Sees noch eine Jazzkapelle spielt, segelt gegenüber eine weiße Schar von Optis, diesen Kinder- und Jugendseegelbooten umher. Ein herrliches Bild. Die Abendsonne blendet ein bisschen als wir gen Westen fahren. Besondere Obacht müssen wir noch an einer Seilfähre geben und genau drauf achten, dass sie auch angelegt hat, damit das Seil maximal gesunken ist und sich unsere Motoren nicht am Seil der Fähre verheddern.
Übernachtungsplatz für zwei Flöße von Huckleberrys Tours
Bald lenken wir unsere Huckleberrys Flöße in den Schwielowsee. Die Geburtstagsgesellschaft erkennt das altbekannte Strandbad auf der einen Seite, die Erwachsenen das Schwielowseeresort auf der anderen Seite. Hin und wieder gesellt sich eines der Kinder mit nach hinten ans Steuer. Wie stolz und groß sie sich fühlen, wenn sie auch mal lenken dürfen.
Auf der Abendsonnenseite finden wir bald wieder eine schöne Bucht zum Ankern. In der Ferne sehen wir ein paar dunkle Wolken und hoffen innigst, dass sie vorbeiziehen. Kapitän Nummer eins ist mutig, zieht die Hose aus und watet an Land. Diesmal bekommen wir unsere Gefährte nicht so dicht ans Ufer gezogen. Ein Kind nach dem anderen wird Huckepack ans Ufer getragen, es folgen Grill, Kohle, Abendessen und die Holzstühle der Flöße. So haben wir in der sonnigen Bucht ein perfektes Setting für den Geburtstagsgrill Abend. Mal von den dunklen Wolken am anderen Ufer abgesehen.
Den Kids wird langsam etwas kühl und sie kuscheln sich dicht aneinander mit ihren vegetarischen Hamburgern in der Hand. Es gibt Tee, Salat, kleine Würstchen und Grillkäse bis zum Umfallen.
Plötzlich frischt der Wind auf. Die Huckleberrys Flössse schwanken bedrohlich auf dem Wasser. Die Glut sprüht durch die Gegend. Ich bekomme ein paar Regentropfen ab und so schnell wie es gekommen war, ist es auch schon wieder Mucksmäuschen still. Puh, das Unwetter ist vorbei gezogen. Später hören wir von anderen Potsdamern wie es sich über der Stadt entladen hat. Wir haben echt Glück.
Die Sonne ist untergegangen und Kapitän Nummer eins hat auf einem der Flöße ein riesiges Nachtlager errichtet: alle Isomatten ausgerollt, Kuschelkissen drapier und Schlafsäcke nebeneinander gelegt. Die Schlaffläche ist in den kleinen Häuschen auf jedem Floß 1,90 mal 2,20 Meter. Für mich und die 4 Kids die perfekte Fläche, damit wir uns gegenseitig wärmen, aber auch nicht drängeln. Alle machen sich Bett fertig, Zähneputzen wird eingespart. In Skiunterwäsche und mit Mützen quatschen und kichern die vier noch bis irgendwann gegen elf Uhr alle verstummt sind. Die Großen sitzen noch bei Kerzenschein und einem Glas Wein auf dem anderen Floß und genießen die eingetretene Ruhe. Der glühende Grill wärmt noch etwas und irgendwann ist der gleißend helle Vollmond zwischen den Bäumen zu sehen. Es soll ein ganz besonderer sein jetzt im April. Na hoffentlich trägt er dazu bei, dass alle in Ruhe durchschlafen.
Irgendwann krieche ich auch in meinen Schlafsack neben die Kids und decke nochmal alle richtig zu. Das Floß wackelt leicht auf den kleinen Wellen. Es wiegt mich in den Schlaf.
Die Sonne geht früh auf und durch die heruntergelassenen Planen bricht ab halb sieben helles Licht hindurch. Auf dem Nebenfloß wird schon gearbeitet. Kapitän Nummer eins bereitet das Frühstück vor. Was für eins schönes wohliges Gefühl im kuschligen Schlafsack zu liegen und zu wissen, dass es bald nach Kaffee duftet. Die Kids schlafen bis kurz vor acht und sind gleich wieder 100% bei der Sache, das Huckleberry Leben geht sogleich weiter. Es wird gekichert, gequatscht, gelacht und mal in Skiunterwäsche kurz rausgetappert. Die Morgenluft ist noch empfindlich kühl. Der Neunjährige erzählt den drei Mädchen von einem großen Fang beim Nachtangeln gestern Abend. Tatsächlich stand er eine ganze Weile konzentriert mit einem Scheinwerfer-Headlight auf dem Floß und hatte seine Angel ausgeworfen. Der Regenwurm schien tatsächlich etwas abgeknabbert. Die Mädchen sind beeindruckt.
Das Frühstückbuffet ist auf Floß Nummer zwei hergerichtet und alle haben sich in mehrere Schichten gehüllt und kriechen in das kleine Häuschen, wo es nach frischen Tee, Eiern und Brötchen duftet. In Plastikschalen gibt es aber auch Müsli und Früchte und was auch auf einer Floßfahrt nicht fehlen darf, ist wohl Nutella. Zum Glück habe ich noch daran gedacht. Zwei der Mütter der Geburtstagsgesellschaft tauchen am Ufer auf, krempeln ihre Hosen hoch und gesellen sich zu uns.
Das Wasser muss echt kalt sein, so stehen sie mit Handtüchern um ihre Füße gewickelt auf dem Floß und halten den Warmen Kaffee ein bisschen bibbernd in den Händen.
Gegen Neun Uhr müssen wir vom Schwielowsee aufbrechen, damit wir die Gefährte wieder rechtzeitig um elf Uhr am Tiefen See an der Floßstation abgeben können. Volle Fahrt voraus als alles eingepackt ist. Der Himmel ist grau und die Kinder verkriechen sich in die kleinen Häuschen, kuscheln sich ein und schauen sich in aller Ruhe die Geburtstagsgeschenke an.
Es ist nicht ganz einfach, sie wieder richtig warm zu kriegen. Ich fürchte den Zorn der anderen Mütter. Aber wir haben mit dicken Woolpowersocken und langen Unterhosen alles gegeben. Vom Umhertollen sind einige Hosen und Schuhe feucht geworden und natürlich über Nacht nicht getrocknet, vielleicht wären Gummistiefel die richtige Ausrüstung gewesen. Oder eine kleine Standheizung in dem Floßaufbau J
Vor dem Geburtstagsevent hörte ich die Mädchen noch tönen, dass sie auf jeden Fall baden wöllten, wenn wir mit den Flößen unterwegs sind. Nun ja, das wurde wohl nichts.
Obwohl es mit Kindern einiges zu beachten gibt auf den Flößen und man hin und wieder kleinen zur Vorsicht und Aufmerksamkeit ermahnen muss, ist es ein bleibendes Erlebnis, von dem sie hoffentlich noch lange erzählen. Statt großer Geschenke, liebe ich gemeinsame Erlebnisse zu Feiertagen oder auch sonst. Wir sagen immer gerne „Legendenbildend“. Wolln mal sehen.
Vielen Dank für die Unterstützung des Trips an Huckleberrys Tours.
Das klingt nach einem tollen Erlebnis! So einen Geburtstag hat nicht jede!
Ja es war wirklich etwas besonderes. Aber die Kids mußten auch ein bißchen tapfer sein. Nix für Weicheier! Sind alle tolle Outdoorkids.