Die Große schreibt in ihr Tagebuch, „Ein verkehrter Tag“, es sollte nämlich zu den Wikingern in Slagelse gehen und alle freuen sich seit Beginn der Reise drauf. Ich würde sagen, es sollte das Highlight werden.
Wir steigen pünktlich um zehn Uhr ins Auto um unsere Verabredung um 11 Uhr an der Ringfestung Trelleborg zu schaffen. Eine große Tasche mit Picknick ist im Auto und freudige Aufgeregtheit.
Erstmal: Abstecher ins Krankenhaus
Nach 20 Kilometern sagt Jan mit schmerzverzerrtem Gesicht, wir müßten umdrehen. Die nächste Ambulanz liegt 10 Kilometer hinter uns in Kalundborg. Keine richtige Notaufnahme, aber eventuell ein Arzt, der etwas gegen den Schmerz tun kann. Es sind mal wieder die Nieren. In einer Art Poliklinik finden wir einen freundlichen dänischen Arzt, der sich um Jan kümmert. Die Kinder sind geduldig und wir schauen Bücher im Wartezimmer an und bespielen das dortige Beschäftigungsmaterial. Jan bekommt ein starkes Schmerzmittel, aber hier in der Kleinstadt gibt es weder Röntgen, noch Ultraschallgerät, mit dem man genauer untersuchen könnte. Die nächste größere Einrichtung ist 50 Kilometer und fast eine Stunde Fahrtzeit entfernt. Wir machen uns dorthin auf den Weg, fast die entgegengesetzte Richtung wie der Wikingerort – die Aussicht, dort heute noch zur Saisoneröffnung aufzuschlagen, schwindet. Die Kinder sind enttäuscht. Ich sichere ihnen aber zu, dass wir an einem der nächsten Tage dort auf jeden Fall hinfahren.
Wir liefern Jan im Krankenhaus in Holbæk ab und die Aufnahmeschwester meint, es könnte ziemlich lange dauern. Der Arme, bei den Schmerzen, würde ich nicht gerne letzter in der Schlange sein. Wir hoffen, dass er bald dran kommt.
Spontaner Nachmittag mit Kindern in Holbæk
Mit den Kindern erkunde ich die kleine Stadt am Wasser. Schiefe bunte Häuschen wechseln sich mit Backsteinarchitektur ab. Die Atmosphäre ähnelt den Ostseestädten Wismar, Stralsund und Rostock.
Die Touristeninformation ist im städtischen Museum. Dort bekomme ich einen guten Tipp für einen Kletterspielplatz am Strandparken. Das finden wir schnell dank GPS. Mit Maps.me haben wir übrigens eine Navigations App gefunden, bei der wir keine Datenverbindung im Ausland benötigen. Sehr praktisch. Es ist kalter Wind und unangenehmer, je dichter wir ans Wasser kommen. Jedoch nach so langen Wartezeiten sind die Kids jetzt zum Klettern und Toben aufgelegt. Die Seilbahn ist der Favorit.
Ein bisschen Picknick und Tee aus der Thermoskanne tun jetzt auch gut. Dann fahren wir die 2 Minuten wieder zurück ins Stadtzentrum und wollen ins Museum dort. Leider entdecken wir in der Fußgängerzone einen Tiger (Kramladen) und müssen ein bisschen Oster Krimskrams einkaufen. Ich habe diesen Laden mal mit der Großen in Finnland entdeckt, seitdem sehen wir den hier und da und haben auch schon einen in Berlin entdeckt.
Trotzdem schaffen wir es noch gegen halb drei ins Museum (Öffnungszeit bis 16 Uhr). Wir gehen durch das alte Stadthaus hindurch und auf der Rückseite eröffnet sich ein weiter Platz mit urigen alten Häusern, in die man alle hineingehen kann und verschiedene Epochen und Themen der Gegend recherchieren kann. Von der Dänin am Eingang bekommen wir ein Faltblatt zur Orientierung und den Tipp, dass es gleich im ersten Haus rechts eine Kinderetage gibt. Wir gehen neugierig die steile Treppe hinauf. Hier eröffnet sich eine Etage, die wie ein Hafenviertel gestaltet ist. Geschäftig beladen schon andere Kinder ein Holzschiff mit Jutesäcken. Alles funktioniert in Handarbeit. Eifrig werden Säcke eingehakt, mit einem Flaschenzug weitertransportiert und mit einer Sackkarre am Kai lang gefahren. Alle geraten gleich in Interaktion. Im Hintergrund läuft auf einem Bildschirm ein Film über die gleiche Szenerie am Holbæcker Hafen vor vielleicht 50-60 Jahren. Die ganze Inszenierung funktioniert total gut.
Im selben Haus gibt es in einer weiteren Etage alte Puppenhäuser zu betrachten und ein schön eingerichtetes Teezimmerchen mit gehäkeltem Kuchen. Alles lädt zum Rollenspiel ein. Wieder auf dem gepflasterten Platz entscheiden wir uns für ein weiteres Haus, wo es um Archäologie geht.
Hier werden die Kinder eingeladen, leuchtende Westen zu tragen und mit Ausgrabungswerkzeugen umzugehen, wie auch einen Fragebogen auszufüllen. Das spannendste ist eine „Ausgrabungsstelle“ mit einer Menge Gummigranulat. Wir wechseln unsere normalen Schuhe gegen Gummistiefel und nehmen einen Metalldetektor in die Hand.
Tatsächlich schlägt er an einigen Stellen aus. Aufgeregt wird das Granulat zur Seite geschoben und mit einer Taschenlampe in den Untergrund geleuchtet. Es taucht wirklich eine Metallmünze auf.
An einer ganz ähnlichen Stelle graben wir ein Skelett aus. Ich weiß, dass mich als Kind das Thema Ausgrabungen auch sehr beschäftigt hat. Und es ein Traumberuf von mir war. Ein anderes Haus sieht aus, als würde hier gerade noch jemand wohnen. Die Inneneinrichtung stammt vielleicht aus den 30ern und hier darf man alles ausprobieren und anfassen. Das machen wir gerne und stellen fest, alles ist ein bisschen kleiner und enger. Wahrscheinlich waren die Menschen früher auch kleiner.
Zu guter Letzt: Waffeln!
Es ist fast vier Uhr und wir müssen mal langsam wieder raus, da das Museum gleich schließt. Außerdem haben wir Jan versprochen, ihn abzuholen. Er schreibt auch im richtigen Moment eine Nachricht, dass seine Untersuchungen beendet sind. Wir holen ihn ab und landen zur Feier des Tages noch in einem super leckeren Waffelcafe in der Einkaufsstraße. Vaffelhuset im Souterrain serviert Eis, belgische Waffeln und Pfannkuchen mit Eis. Wir stromern noch durch einen Outdoorladen nebenan, der ziemlich groß und gut bestückt ist. Eventuell könnte ich noch gute Handschuhe für die Hardangervidda Tour gebrauchen. Ich kann man nicht durchringen bzw. trotz Winterschlussverkauf, welche zu erwerben. Ich wundere mich, dass jede Menge Yeti Daunensachen dort hängen, wo sie doch in der Nähe von Görlitz produzieren, erinnere mich dann aber, dass sie ja mit einer dänischen Marke fusioniert sind.
Wir fahren zurück nach Røsnæs nachdem wir in Kalundborg noch einen größeren Einkauf getätigt haben. Die Osterfeiertage liegen vor der Tür und wir wissen gar nicht genau, wie die Öffnungszeiten hier aussehen, deshalb sorgen wir etwas vor. Wir wollen ja nicht ohne Eier dasitzen.
Im Häuschen koche ich gemütlich. Endlich gibt es mal Fisch, nämlich Scholle und eine Kartoffel, Karottensuppe. Der Kranke spannt noch ein bisschen aus.
Alles Gute für Jan!!
Euer Stadtbummel klingt schön. In Dänemark gab es schon gute Museumspädagogik, als ich Kind war und in Deutschland noch ausschließlich Dinge in Glasvitrinen präsentiert wurden.
Liebe Lena, ja auch in Dänemark gibt es Schmerzmittel, auch wenn man dafür 50 Kilometer fahren muss – alle gut. Das Museum wirkt noch lange nach – bei Alten und Jungen.