Für eine Schneeskulptur in Pontebba reise ich im Januar nach Südtirol in Italien.
Eine neue Saison für Schneeskulpturen ist im Januar 2019 angebrochen. Den Winter hat die nordicfamily ja schon in Finnland gekostet. Jedoch ist die Mama auch in diesem Jahr in Sachen Schneeskulpturen allein unterwegs.
Immer wieder poppen kleine neue Events in aller Welt auf. Und das Winterfestival Snowart Pontebba in Südtirol gibt es in diesem Jahr zum vierten Mal. Es ist also noch ein recht junges Festival.
Meine Schneeskulptur in Pontebba habe ich von langer Hand mit meinem Kollegen Gaston Vacaflores aus dem Allgäu vorbereitet.
Die Bewerbung für eine Schneeskulptur in Pontebba
Wie bei allen Symposien und Veranstaltungen dieser Art bewerbe ich mich im Herbst 2018 und kann mir vorstellen, auf einigen kleinen Festivals in Europa tätig zu sein. Genauso aber gehen Bewerbungen nach Kanada raus.
Meine große Liebe ist der Schnee, egal wo auf dieser Welt.
Für das Symposium in Pontebba frage ich meinen Freund und Kollegen Gaston, mit dem ich 2012 in die Welt aus Eis und Schnee eintauchte, als wir eine Artsuite für das Icehotel gestalteten. Das ist jetzt 6 Jahre her, Kinder wie die Zeit vergeht, Gaston hat inzwischen sein 3. und 4. Kind bekommen und lebt am Bodensee. Zwischendurch haben wir es mal geschafft, eine Strohskulptur in Valloire zu gestalten.
Wir wissen beide die kreative Arbeit abseits der heimischen Gefilde zu schätzen.
Meine Ideen für die diesjährige Schneesaison rühren noch ein wenig von den Origamiskulpturen des letzten Jahres her. So ganz konnte ich mich von der Erforschung der gefalteten Papiere und Dreiecke nicht verabschieden.
Schon lange tüftle ich an einem fünfeckigen Turm, einer abgeschnittenen Pyramide herum.
Jetzt ist es soweit und der Entwurf wurde für würdig erklärt, umgesetzt zu werden.
Die Anreise nach für eine Schneeskulptur in Pontebba
An einem Freitagmorgen falte ich mir meine Super Spartickets für die Bahn zusammen und stecke sie in meine volle Reisetasche. Obwohl wir nur ein verlängertes Wochenende unterwegs sind, habe ich ziemlich viel Gepäck, die Hälfte ist Werkzeug, was ich für die Bearbeitung der Skulpturen benötige. Für die Bahnfahrt habe ich mir extra Kopfhörer zugelegt, die eine eingebaute Rauschunterdrückung haben. Ich freue mich so richtig auf das gemütliche Sitzen und Hinausschauen in die Winterlandschaft.
Von Potsdam geht es gegen fünf Uhr in der Frühe los. In Berlin steige ich in den Super schnell ICE mit meiner Supersparfahrkarte nach München. Das ist tatsächlich sehr komfortabel. Die Maxdome App funktioniert aber leider nicht. Auf der sollte man im zuginternen Wifi Filme und Hörspiele konsumieren können. Sehr schade.
In München am Bahnhof ist ganz schön was los. Etwas orientierungslos laufen Grüppchen von Menschen von einem Bahnsteig zum anderen, weil Zügel Verspätung haben, verlegt werden und der Fahrplan aufgrund der Wetterverhältnisse nicht so ganz eingehalten werden kann.
Probleme mit der Deutschen Bahn wegen des vielen Schnees in den Alpen
Am nördlichen Alpenrand herrscht Schneechaos. Was die Finnen als normalen Winter bezeichnen, überfordert das süddeutsche Verkehrssystem. Ich schaue in meinen DB Navigator und finde heraus, dass jede Menge Züge gestrichen sind. Doch ich habe Glück, mein Zug am frühen Nachmittag fährt „nur“ mit etwas Verspätung los. Die Anschlusszüge, die mich über die Alpen an den südlichen Alpenrand bringen sollen, werde ich nicht bekommen. Eventuell habe ich eine Chance, sehr spät in Südösterreich oder Italien anzukommen.
Kurzerhand rufe ich Gaston an, der schon ins einem Auto vom Bodensee unterwegs. Er kann mich glücklicherweise in Rosenheim einsammeln, Hier kann nämlich der Zug aus technischen Gründen eine ganze Weile nicht losfahren.
Ach wie schön, dann haben wir noch ein paar Stündchen, um uns über Gott und die Welt und vor allem unser Kunstwerk zu unterhalten, was wir in Pontebba erschaffen wollen. Eine Schneeskulptur in Pontebba macht keiner von uns mit Links.
Auch wenn ich dann die Kopfhörer nicht so ausgiebig nutzen kann, ist es doch ein riesen Zugewinn.
Die Welt um uns herum wird winterlicher, während wir durch die Alpen fahren. Wir bezahlen eine Menge Maut und Tunnelgebühren, um die kürzeste Strecke zu nutzen.
Am späten Nachmittag erreichen wir Pontebba in Südtirol, etwa dreißig Kilometer südlich der Österreichischen Grenze.
Wie ich später erfahre, hat der kleine Ort in den Alpen 1200 Einwohner.
Mir erscheinen die Fassaden wie eine Filmkulisse. Alte heruntergekommene, aber sehr niedliche Häuser und Straßenzüge bieten die perfekte Kulisse für unsere Schneeskulpturen in Pontebba. Und da sehen wir sie schon: „unsere“ 8 Schneekuben.
Internationale Teams sind eingeladen, aus diesen Kuben ihre Kunstwerke zu erschaffen.
Walter Bonati unser Gastgeber begrüßt uns auf dem Marktplatz. Hier ist gerade im Laufe des Tages eine Schneebar entstanden. Hinter einer weiteren Filmkulisse befindet sich unser Hotel. Hier checken wir zunächst ein und laden unser Gepäck ab. Die Pizzeria unten im Haus lässt auf ein zünftiges Abendessen hoffen.
Die Schneekuben in Pontebba
Dann schlendern wir durch den Ort und vermessen die Schneekuben und kalkulieren, welches die begehrteste Position sein wird. Schon beim ersten Hinschauen und dann nach dem Messen durchfährt mich ein Schreck. Ich habe bei meinem Entwurf nicht einkalkuliert, dass die Kuben eher niedrig als schlank und hoch sind. So ein Mist, eine Lösung muss her. Für die Ausarbeitung setzen wir uns in das einzige Cafe am Platze und drängeln zwischen Kaffeetassen und Kuchentellern auch noch Skizzenbuch und Pappmodell.
Mir raucht der Kopf. Aus einem gedrehten hohen Turm könnten jetzt entweder zwei werden oder ein etwas gestauchter Turm oder wir benutzen die abgeschnitten Ecken als neue Spitze, um das Format des Grundkubus für unsere Schneeskulptur in Pontebba zu sprengen.
Abendessen und Verlosung
Wie vermutet, versammeln sich am Abend alle eingeladenen Künstlerteams in der Pizzeria im Hotel. Echt italienisch bestellen wir Wagenradgroße Pizzen mit köstlichem Belag.
Wir kommen ins Gespräch und den einen oder anderen kennen wir von Stroh- oder Schneeevents der letzten Jahre.
Eine kleine eingeschworene Community, die zu dieser Jahreszeit für die Kunst umherreist, wunderbar.
Für die Eröffnungszeremonie werden wir in das kleine Rathaus am Marktplatz gelotst. Einige Bewohner der Kleinstadt haben sich ebenfalls hier versammelt und gemeinsam mit Fahnenschwenkenden Kindern ziehen wir in einen prachtvollen Saal des Rathauses. Auf Italienisch begrüßt uns der Bürgermeister und wir werden nacheinander aufgerufen ein Los mit einer Zahl aus dem Glas für unsere Schneeskulptur in Pontebba zu ziehen.
Prompt ziehe ich die 4, die Position die mit zu den besseren gehörte. Alle acht Blöcke sind in zwei kleinen Nebenstraßen schön beschattet untergebracht. Der Asphalt ist zu sehen, im Ort liegt nicht viel Schnee. Nur die Blöcke aus Kunstschnee sind hier wie Ufos gelandet.
An ihnen fangen wir am Samstag an zu arbeiten.
Die ersten Arbeitsschritte an der Schneeskulptur in Pontebba
Die ersten Arbeitsschritte beinhalten Messen, Anzeichnen, Kalkulieren und überlegen. Schnell ist klar, dass wir mit dem Stacheldraht, die Ecken des Kubus abschneiden und möglichst erhalten, damit ein Traktor mit Gabel sie auf die Höhe von 2,40 drauf setzen kann.
Das dauert natürlich alles mehr als einen halben Tag – was tut man nicht alles für eine Schneeskulptur in Pontebba 🙂 Wir haben Glück, der Traktorfahrer ist super versiert und kann seine große Maschine Zentimeter genau bedienen, viele Einheimische aus der Bautruppe helfen mit, jeder bringt sein Knowhow ein. Das ist sehr aufregend, wenn eine der Ecken kaputt geht haben wir noch ein paar andere, falls es aber gar nicht funktioniert… daran will ich gar nicht denken.
Gaston schwitzt oben auf dem Kubus und versucht das „tortenstück an die richtige Position zu manövrieren. Außerdem hatte er die Idee, die gesamte Skulptur nicht symmetrisch zu gestalten, sondern die Spitze zu versetzen. Puh mit menschlicher Kraft ist da kaum was zu machen, der Traktordirigent ist in diesem Moment die wichtigste Person am Platze.
Aber kurz nach dem Mittagessen ist es geschafft. Jetzt heißt es noch die Lücken mit losem Schnee voll zu stopfen und die grobe Form zu modellieren.
Bei all den anderen Teams neben uns sind am Abend eindeutige Motive zu erkennen, niedliche Auge, Früchte, Flügel von eleganten Vögeln. Bei uns: The Giant. Ein großer Berg Schnee.
Tasting the Borders
Das Abendessen an diesem Samstagabend ist eine tolle Belohnung für die harte Arbeit, die Veranstaltung im ehemaligen Kino der Stadt heißt „Tasting the borders“, wir entscheiden uns, eine Stärkung mit Wein und Häppchen zu uns zu nehmen.
Wir sind etwas underdressed in unseren Schneehosen, Stiefeln und Fleecejacken. Um uns herum stehen Menschen, die extra für diesen Abend feinangezogen hierher angereist sind. An verschieden Ständen werden kleine Gerichte, Fingerfoodstyle aus der Gegend präsentiert und zum Kosten angeboten.
Damit man die Hände frei hat und nicht mit einem Weinglas belegt, hat man ein Umhängetäschchen, in das das Weinglas hinein passt, um den Hals. Es gibt Wein und Häppchen aus den verschiedenen Gegenden in Italien, Österreich und Deutschland. Ich kosten Schnecken, Tintenfisch, überbackenes etwas, Salat, Süppchen und natürlich süße Snacks. Ich halte mich an Weißwein, Gaston an Rotwein. Wir wissen, dass wir noch zwei Stündchen arbeiten wollen. Tatsächlich schaffen wir auch das. Aus dem Hintergrund hören wir Partymucke vom Rathausplatz, wo die Schneebar betrieben wird.
Als wir die grobe Form aus unserem Giant herausgemeißelt haben, ziehen wir zu dieser Partylocation weiter. Ein Lagerfeuer ist angezündet, ein DJ improvisiert zur Konserve mit seiner Posaune. Tolle Stimmung, nach ein oder zwei Limoncellis tanzen wir sogar ein bisschen mit den anderen Künstlern. Es wird ganz schön spät, wir sind ganz schön platt von der Arbeit im Schnee.
Der finale Tag beim Schneeskulpturen Event Snowart Pontebba
An diesem Sonntag strahlt die Sonne vom blauen Himmel, der Schnee glitzert in der umliegenden Bergwelt von Südtirol. Nach und nach strömen immer mehr Gäste in den 1200 Seelen Ort in Südtirol. An den Buden wird Essen angeboten, Popmusik wird in den Straßen gespielt, ein Eiskünstler macht auf dem Marktplatz Speedcarving. Mit seiner Kettensäge schneidet er aus Klareisblöcken Skulpturen, die Das Volk sehen will. Vögel, eine Lok, ein Saxophon usw. sie glänzen im Sonnenlicht.
Wir holen ebenfalls die schweren Geschosse raus. Ich rieche das Benzin von Kettensägen, Gaston schneidet aus unserem Berg die grobe Form. Ich halte die Leiter oder raspel die Flächen glatt.
Ich weiß schon, an welcher Stelle mein Muskelkater in der nächsten Woche zu spüren sein wird.
An den anderen Blöcken steht schon der Feinschliff an. Die Besucher können ihre Stimme für die Skulptur ihrer Wahl abgeben. Ich glaube, für uns landen nicht so viele Zettel im Topf. Das macht nichts, denn für uns ist diese riesige gedrehte Form ein großer Forschungsversuch. Obwohl mein Modell sehr geometrisch aussieht, sind in meinem Skizzenbuch auch organische Formen zu finden.
So sieht schließlich auch unsere Skulptur „Twisty Lanes“ aus. Geschwungene Außenkanten und die große Überraschung.
In dem Schnee zeichnen sich dunklere Texturen wie Marmor ab. So haben wir also an einem Wochenende eine 3,50 hohe Marmorskulptur erschaffen. Ein Grund zu feiern.
Gegen Abend werden die Straßenzüge mit farbigen Licht inszeniert.
Eine Familie spielt um unseren großen gedrehten Turm Fange, sie sind richtig vernarrt – ich mag interaktive Skulpturen. In den letzten Stunden der Fertigstellung habe ich noch das ein oder andere freundliche Gespräch mit Besuchern von Snowart Pontebba. Manch einem kann ich die Idee von „Twisty Lanes“ gut erklären und es ist schön hier ins Gespräch zu kommen.
Es ist auch interessant zu beobachten wie Größe und Form in diesen engen Gassen wirken.
Abschied vom Giant „Twisty Lanes“
Am Sonntagabend sind alle erleichtert, es gibt Trophären, Preise und Souvenirs und ein wunderbares Abendbrot in der Pizzeria. Natürlich trinken wir auch noch ordentlich mit Team Great Britain und erfahren auch ein paar persönliche Geschichten der Kollegen.
Inmitten von Schneeskulpturen und Winter entstehen so für mich ganz besondere warme Momente. Neben der künstlerischen Arbeit mit dem vergänglichen Material ist die temporäre Gemeinschaft an diesen Orten der Grund, warum ich diese Aktionen immer und immer wieder mache.
Am Montagmorgen müssen wir schon recht früh aufbrechen, damit ich meinen Zug erreiche, wieder haben wir ein paar Fahrtstunden nach Rosenheim vor uns. Genug, um Zukunftspläne für weitere Kunstwerke zu schmieden.
Unsere Familien warten am Bodensee und Potsdam auf uns.
Ich kann ganz erfüllt von der Arbeit noch ein bisschen Bahnfahren und bin am Abend wieder zu Hause.
Schneefestivals gibt es immer wieder in den Alpen, einige Skulpturen stehen auch in schneereichen Wintern am Alten Zollhaus an der tschechischen Grenze.
Vom Schneefestival in Kiruna habe ich hier im Blog ja auch schon berichtet. Hierher sind einige Tams dann von Pontebba unterwegs.
In zwei Wochen geht es nach Canada für die drei weiteren Skulpturen in diesem Winter.
Aber dazu später mehr im Blog.