Ehrlich gesagt, habe ich den Landkreis Barnim in Brandenburg nie richtig wahrgenommen. Jetzt aber gleich volle Breitseite: es duften Herbstblätter, Dunst und Nebel quellen aus dem Wald.
Julian Beyer von Fagus Tour erklärt, dass sich in der letzten Eiszeit hier ein Gletscher von Norden nach Süden runter geschoben hat. Ist gar nicht so lange her: 15 000 Jahre. Ein Kilometer Eis war über uns. Die Kinder stehen mit offenem Mund da. Ein Gletscher hier?
Familien Wanderung im Naturpark Barnim
Matschhose, Gummistiefel, Regenjacke, Mütze – alle sind gut ausgestattet für eine 4 stündige Wanderung durch den Wald, entlang des Hellmühlfliess und eines verwunschenen Moores. Fagus Tour schneidert für die Gäste Touren zurecht und heute bekommen wir eine der kürzeren serviert. Sieben Kilometer werden wir durch diese Wildnis im Barnim stiefeln und eine Picknickpause einlegen.
Auf letztere freuen sich die Kinder von Anfang an am meisten. Die achtjährige stellt besonders am Anfang Fragen, wieso , weshalb warum. Julian beantwortet geduldig, warum welche Löcher wo im Baum sind und warum keine Fische in dem kleinen Bach neben uns schwimmen. Der fast vierjährige ist besonders erfreut über die steilen Erdhänge am Wegesrand, die man hochkraxeln und runterrutschen kann. Die sind etwas besonderes in dieser Landschaft, erklärt der Julian, der Chef von Fagus Tour ist. Der kleine Fluss das Hellmühlfliess, war früher mal ein richtiger Fluss, der sich in die Landschaft eingefressen hat. Wir wandern am Flussboden sozusagen. Die Wurzelteller von umgekippten Bäumen an den steilen Flussufern sind ganz besondere Lebensräume. Hin und wieder kann man dort einen Eisvogel sitzen sehen.
Gleich am Anfang gibt es ein Rätsel. Julian trägt uns auf die Spuren eines Tieres zu finden, das hier lebt. Ich gehe gleich davon aus, dass er bestimmt Fährten, also Fussspuren meint. Aber nein, an einem umgekippten Baum zeigt er uns Nagespuren. Die stammen von einem pelzigen Wassertier, dem Biber. Wir staunen umso mehr als wir am Moor erfahren, dass der Biber es schafft all seine Dämme im Umkreis von einigen Kilometern zu kontrollieren, damit er immer schön in seine Biberburg tauchen kann. Der muss ja total schlau sein und eine gute Orientierung haben, wenn er so den Wasserstand kontrolliert. Seinen Pfad würde man so als normaler Spaziergänger niemals erkennen. Julian zeigt uns tatsächlich einen kleinen Trampelpfad, den der Biber nutzt, um vom Teich ins Moor zu kommen.
Nach zwei Stunden habe ich den kleinsten auf dem Rücken, zum Glück habe ich eine Manduca Tragehilfe dabei. Ansonsten wären wir nur von Quengeln begleitet hier weiterbekommen. Es ist nämlich auch Mittagsschlafzeit. Nun ja, dann ist es für die Mama mehr so ein Trainingslauf.
Gestern gerade noch las ich abends in der Badewanne noch Das geheime Leben der Bäume: Was sie fühlen, wie sie kommunizieren – die Entdeckung einer verborgenen Welt und bin verblüfft, dass wir hier ähnliches erfahren. Wurzelgeflechte sind miteinander vernetzt und Bäume leben in einer Gemeinschaft. Wir sehen massenweise Pilze und die Große versucht auch mit Hilfe ihres Bestimmungsbuches herauszufinden, ob man sie essen kann. Die wichtigste Geschichte ist jedoch, dass Pilze und Bäume einander helfen und in friedlicher Eintracht miteinander leben. Da fällt uns ein, dass wir die Sache mit dem Zunder(Baum)Pilz ja mal ausprobieren wollen. Aber nicht jetzt.
Es tropft immer wieder von den Blättern, der Nebel steht im Wald oder es nieselt und immer wieder läuft Regen in meinen Jackenkragen, wenn ich die Kapuze nicht aufhabe. Schweiß rinnt mir den Rücken runter, weil ich 18 Kilogramm mit mir herum schleppe. Ich frage mich, ob in die Gummistiefel der Kinder vom Pfützenspringen nicht vielleicht auch das Wasser schon oben reingelaufen ist.
An einem Baum sind Muster eingeschnitzt, hab ich schon mal gehört, dass dort Harz gewonnen wird. Aber dass die DDR die Erfinderschmiede dieser Technik ist? Verblüffend…
Picknick mitten im Naturpark Barnim
In Skandinavien würden wir jetzt ein Feuerchen entfachen und uns wärmen, das ist hier nicht so erlaubt. An unserem Picknickplatz steht jedoch eine überdachte gemütliche Bank.
Schon die gesamte Zeit frage ich mich, wie Julian in seinem Rucksack Picknick für uns alle haben will. Aber überraschender Weise hat er am Ort des Geschehens schon ein Verpflegungslager eingerichtet und packt jetzt einen großen Rucksack mit regionalen Leckereien aus. Super Tischkultur, es gibt eine Decke und Kerzenlicht. Ehrlich gesagt, ist es ganz schön duster durch das Herbstwetter. Auf Holzbrettchen türmt sich Hirsch-Wurst aus dem Regioladen in Eberswalde, Ziegenkäse aus Brodowin, geschnippeltes Gemüse ebenfalls aus der Gegend und das leckerste Brot, was ich seit langem gegessen habe, ist Elbenbrot – so eine Art Rohkostbrot – natürlich auch aus dem Bioladen in Eberswalde. Die Wurst geht weg wie warme Semmeln und alle sind glücklich. Ich schlinge noch zusätzlich eine Fleecedecke um mich und zwei Kinder – herrlich mit einem frisch aufgebrühten Kaffee in der Hand. Wie so eine Kleinigkeit, oder nein die vielen wohl bedachten Kleinigkeiten so eine Tour doch perfekt machen.
Wir lernen noch eine wichtige Lektion, denn nach unserem Gelage sind einige organische Abfälle übrig geblieben. Julian buddelt sie mit den Kidnern zusammen im Wald ein, so verrotten sie gut. Für den Rest haben wir Tüten, um wirklich alles wieder aus dem Wald mit heraus zu nehmen.
Durch die vielen verschiedenen Highlights auf dem Rundweg habe ich auch etwas die Orientierung verloren und bin überrascht und erfreut, als wir nach dem Picknick nur noch einen Kilometer etwa zu unserem Parkplatz am Hellsee laufen. Die Kids springen wirklich nochmal in jede Pfütze.
Kunstunterkunft in Joachimsthal – das arthouse
Ganz dolle geschafft nach vier Stunden frischer Luft, nach sieben Kilometer Wanderung und so vielen Eindrücken in der hiesigen Wildnis steigen wir ins Auto und fahren noch ein Stück weiter nach Norden. Es ist weiter Grau und die Vorstellung von einer gemütlichen Ferienwohnung in Joachimsthal ist sehr verlockend. Wir finden den kleinen Ort am Werbellinsee ganz schnell, auch hier wieder habe ich keine Vorstellung, nur den Namen mal im Zusammenhang vom Pionierlager am Werbellinsee in Erinnerung. Ein paar alte Backsteinhäuser und unzählige Skulpturen und kleine Kunstdetails arrangieren sich zu einem Hof, dem Arthouse Joachimsthal. In unserer Ferienwohnung Rosenrot gibt es liebevoll restaurierte alte Türen und Möbel, ganz viel Platz und hergerichtete Betten. An den Wänden hängt originale Kunst, Ausstellungsplakate, an denen man Stundenlang umher gucken kann. Wirklich schade, dass wir nur zu dritt unterwegs sind… hier könnte man sich wahrlich ein Wochenende schön als Familie einkuscheln. Statt heiß zu duschen fallen wir auf die Betten, dösen ein bisschen oder gucken auf Bildschirme. Zum Glück funktioniert das Internet hier nicht gut bis gar nicht. Ein kleiner Fernseher ist einzige Attraktion, so dass ich das Häkelzeug heraus hole und ein Stück weiter häkele… wie im letzten Herbst aufgehört.
Zum Abendessen gehen wir über den Hof zum Art Tisch – einem Restaurant mit nochmal mehr Kunst und einem Koch, der sich schon auf unser Kommen eingestellt hat. Wir bekommen tollen asiatischen Salat mit meinen Lieblingsalgen als Vorspeise, Hühnerbrust mit Schwenkkartoffeln und gaaaaanz viel Sosse als Hauptgang und eine Mousse (Die Kinder: eine Mus?) als Dessert. Herrlich: Ich esse in Ruhe auf, während die Schnellesser am Nebentisch ein Spiel nach dem anderen ausprobieren, aus Holzklötzen dreidimensionale temporäre Kunstwerke erschaffen.
Zu guter Letzt kuscheln wir uns zu dritt ins Doppelbett, schauen noch ein bisschen auf den kleinen Flimmerkasten, lesen eine Geschichte und sind alle samt eingeschlafen.
Vielen Dank an Tourismus Marketing Brandenburg für die Einladung.
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